3 Gründe, warum GFK die meisten Filmplots zerstören würde

GFK in Filmen, würde das gehen? Ich glaube, mit GFK-Haltung in Filmen und beim Zusehen wären die meisten Plots ziemlich hinüber. Hier drei Gründe, warum das so wäre und wie sich GFK auf Filme auswirken würde.

Kleine Anmerkung: Dieser Artikel bedient sich der Ironie und der Übertreibung und ist mit einem Augenzwinkern zu lesen. Nur zur Sicherheit sei das vorab gesagt.

1. Alle würden miteinander reden

Fatale Missverständnisse und Geheimnisse, die dann zu großen Schwierigkeiten führen; Figuren, die aus Höflichkeit, Angst oder Wut heraus wichtige Dinge verschweigen, absichtlich lügen oder Themen, die für den Plot entscheidend sind, nicht ansprechen; Szenen, in denen wir in den Fernseher schreien „Jetzt redet doch miteinander!“ – All das gäbe es vermutlich nicht mehr, wenn alle Figuren im Film die Haltung der GFK inne hätten.

Die ProtagonistInnen würden über die wesentlichen Dinge sprechen und sich gegenseitig auf eine Weise zuhören, die echtes Verständnis ermöglicht. Sie würden sich bei Konflikten aussprechen und ehrlich wie rücksichtsvoll ihre Meinung dazu sagen. Sie würden sich gegenseitig Empathie geben und wertschätzend miteinander diskutieren. Lügen wäre nicht notwendig, da nicht über Menschen geurteilt wird und jeder die Verantwortung für seine Gefühle übernimmt. Daher hätten sie keine Angst, für die Wahrheit bestraft zu werden oder andere zu verletzten, was vermutlich die meisten Gründe, zu lügen, wegfallen ließe.

In Konflikten ginge es nicht mehr um Richtig oder Falsch, geschweige denn um die Schuldfrage, sondern darum, einander zu verstehen und eine gemeinsame Lösung zu finden, die die Bedürfnisse aller berücksichtigt.

Damit wären 90% der Probleme in Filmen gelöst oder würden gar nicht erst entstehen. Wie soll denn da Spannung aufkommen?!

2. Kein Gut und kein Böse

Ein großer Held erscheint auf der Leinwand. Wir lernen ihn kennen, verstehen seine Hintergründe, seine Motive, sein Umfeld. Wir sympathisieren, wir wissen: Dieser Mensch ist der Gute!
Was ist das? Ah, sein Widersacher taucht auf! Man sieht ihm förmlich an, wie fies und unmenschlich er ist! Düstere Musik, düstere Kleidung, eine finstere Visage! Da wissen wir sofort: Der ist böse! (vielleicht auch ein bisschen cool, aber halt auch böse!). Oftmals sind seine Motive einfach: Rache, Macht oder einfach aus irgendwelchen verletzten Gefühlen heraus die gesamte Welt zerstören.

Wir wissen, für wen wir zu sein haben und dulden jede grausame Tat, jeden Tod, jedes Gemetzel, das in Namen der Guten geführt wird. Wenn die Bösen aber einen der Guten ermorden, dann rasten wir aus! Wie können die nur?! So grausam! Jetzt sind wir erst recht für die Guten!

Das ist jetzt ein wenig überspitzt dargestellt, schon klar. Aber wenn wir uns klassische Actionfilme ansehen, dann steckt da schon ein Fünkchen Wahrheit dahinter. In vielen Filmen wird Grausamkeit von Seiten der „HeldInnen“ gerechtfertigt, weil sie die „Guten“ sind. Mit GFK würde das ein bisschen anders aussehen.

Alles, was Menschen tun, ist ein Versuch, sich wesentliche menschliche Bedürfnisse zu erfüllen. Menschen wollen lieber kooperativ handeln als mittels Gewalt und wählen nur dann Gewalt, wenn sie keinen anderen Weg sehen, für sich zu sorgen.

Das sind Teile der Grundhaltung der GFK. Wenn wir das berücksichtigen und auch im Film mitbekommen, dann gibt es kein stupides Gut oder Böse. Es gibt Handlungen, die wir nicht schön finden, auf beiden Seiten, und gleichzeitig können wir alle Beteiligten verstehen und ihre Not nachvollziehen. Man könnte keine „Seite“ mehr wählen, da wir mit allen Empathie hätten. Wir würden ständig auf unsere eigenen moralischen Werte zurückgeworfen und müssten darüber reflektieren. Es gäbe gar kein Schwarz und Weiß mehr, sondern alles würde in einem weichen Grau verschwimmen. Das wäre doch ziemlich anstrengend, oder?!

Es ist doch entspannender, sich keine Gedanken machen zu müssen und für jeden eine Schublade zu haben!

3. GFK zerstört „Romantik“

Wenn wir mal wirklich darüber nachdenken, sind viele Aspekte der sogenannten „Romantik“, wie sie in Filmen und Serien gezeigt werden, ziemlich krass. Menschen, die völlig abhängig voneinander sind, ohne einander nicht leben können oder extrem klammern und „den anderen niemals gehenlassen“ wollen. Menschen, die auch nach jahrelangen Beziehungen voneinander nur die schönste Seite kennen, dem anderen die Wünsche von den Augen ablesen oder einfach darüber entscheiden, was für den anderen „das Beste“ ist. Menschen, die die Verantwortung für die Gefühle des Partner/der Partnerin übernehmen („Ich werde alles tun, um dich glücklich zu machen!“ oder auch „Ich habe dich verletzt!“) und ein besitzergreifendes „Sie gehört mir!“ gehören oftmals dazu.

Mit GFK wäre das alles ein bisschen anders.

Da würde jeder selbst die Verantwortung für seine Gefühle übernehmen. „Wie ich etwas auffasse, was du tust, liegt bei mir.“ Es gäbe weder Schuld noch Wiedergutmachung.

Außerdem würden sich die ProtagonistInnen klarwerden, was ihnen die Beziehung an Bedürfnissen erfüllt. Ein romantisches und unaussagekräftiges „Ich liebe dich!“ würde dann ersetzt durch so etwas wie „Wenn ich bei dir bin, gibt mir das Geborgenheit, Sicherheit und Verbindung. Da fühle ich mich ganz wohlig und warm!“ – Das ist zwar konkret, aber doch ein wenig langatmig!

Die Leute würden aufhören, für ihren Partner oder ihre Partnerin Entscheidungen zu treffen und stattdessen anfangen, vernünftig über alles Wesentliche miteinander zu sprechen. Geheimnisse, um den anderen zu schützen, gäbe es wohl nicht mehr, genauso wenig wie exzentrische Ausraster, weil von Jahren angestauter und unausgesprochener Frust hochkommt.

Bitten würden geäußert werden, statt einem Warten darauf, dass der andere einem alle Wünsche von den Augen abliest: „Schatz, würdest du mir heute Abend rote Rosen mitbringen! Das würde mir Wertschätzung erfüllen!“ Das auszusprechen wäre ja total unromantisch!

Ganz merkwürdig wären auch Männer, die plötzlich offen über ihre eigenen Gefühle sprechen könnten. „Ich bin total traurig und wünsche mir Geborgenheit.“ – Igitt, Männer mit Bedürfnissen! (Ich verweise auf die Anmerkung zu Beginn des Artikels!) Oder: „Ich fühle mich etwas unsicher … Würdest du mir sagen, ob dir der Sex gestern gefallen hat und was du dir vielleicht anders wünschst?“

A propos Sex: Wenn wir auch ein bisschen GFK über Sexszenen streuen würden, wäre das wilde und ohne jede Absprache vollkommen perfekte Übereinanderherfallen vielleicht deutlich weniger spannend: „Ich mag es, wenn du mich hier anfasst. Schau so. Würdest du das machen?“ – „Ich würde gerne diese Stellung im Büro ausprobieren, hast du Lust?“ – „Es ist mir unangenehm, wenn du das machst, fass mich lieber hier an, okay?“

Kurz gesagt wären also ProtagonistInnen in Filmen mit GFK wesentlich weniger von ihrer Partnerschaft abhängig, würden selbst Verantwortung für ihre Gefühle und Wünsche übernehmen, offen über die meisten Dinge – auch ihre Bitten, Gefühle und Bedürfnisse – sprechen und grundsätzlich viel weniger perfekt, aber dafür authentisch sein.

Natürlich ist dieser Artikel überspitzt ausgedrückt und stereotypisiert Actionfilme wie auch die GFK – diesen Artikel sollte man mit einem Augenzwinkern lesen.

In allem steckt jedoch auch Wahrheit und Kritik an den Medien, die die Sichtweise der breiten Masse in großem Maße beeinflussen.

Wenn wir dort eine andere Art des Umgangs miteinander, eine Distanzierung von Schwarz-Weiß-Denken inklusive starrem Richtig und Falsch, Gut und Böse und der Schuldfrage vorfinden würden, könnte bereits der Boden gepflügt werden für eine neue Kultur des empathischen Umgangs, des offenen Sprechens über Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche, der Authentizität und der Eigenverantwortung. Aus meiner Sicht könnte etwas mehr GFK statt immer noch expliziterer Gewalt, mehr Splatter und noch mehr abstumpfender Grausamkeit in Filmen wirklich nicht schaden.

Wichtige Erkenntnisse, intensive Erlebnisse und GFK mit Kindern – ein Interview mit Tassilo Peters (2)

Dies ist der zweite Teil des Interviews. Wenn du den ersten Teil noch nicht gelesen hast, klicke hier.

Du bist ja vor allem Trainer für Eltern und PädagogInnen. Macht das einen Unterschied? Also ist GFK mit Kindern denn grundsätzlich anders als mit Erwachsenen?

Ja, auf jeden Fall! Es ist ein großer Unterschied.

Kinder brauchen einen niederschwelligen Zugang zu GFK und sind mit manchen Situationen überfordert. Es ist zum Beispiel wichtig zu schauen, welche Gefühle ich dem Kind zumute. Ich kann einem Erwachsenen zumuten, ihm zu sagen, dass ich richtig sauer bin, aber bei Kindern ist das schwieriger. Sie fühlen sich schnell schuldig und haben dann einen starken Schutzreflex. Es ist angenehmer, wenn ich meine Gefühle etwas abschwäche, zum Beispiel indem ich sage: „Ich bin unzufrieden und mag einen Weg finden, der für uns beide passt.“ Manche Gefühle eines Erwachsenen sind für Kinder zu stark, um sie ihnen zuzumuten.

Es braucht außerdem bei Kindern viel weniger Worte, denn sie haben eine niedrigere Aufmerksamkeitsspanne – umso jünger desto kürzer! Kleine Kinder brauchen keine langatmigen Argumentationen oder Erklärungen, im Gegenteil, sie können gar nicht so lange folgen, wie manche Eltern erklären.

Tassilo Peters hat gerade für den Umgang mit Kindern ein einfaches und effektives Hilfsmittel geschaffen, das Eltern und PädagogInnen Gewaltfreie Kommunikation extrem erleichtert: den Friedensstock. Hier erfährst du mehr darüber.

Ein weiterer Unterschied ist für mich, dass bei Erwachsenen beide 50% zur Beziehung beitragen. Bei Kindern tragen die Eltern aus meiner Sicht 100% Verantwortung für die Beziehung. Ich kann mich grundsätzlich immer fragen: was habe ich dazu beigetragen, dass das Kind dies oder jenes tut oder keine Lust auf Kooperation hat.

Bis wie viel Jahre haben Eltern aus deiner Sicht mehr Verantwortung für die Beziehung als ihr Kind?

Ich würde sagen, dass Eltern grundsätzlich mehr Verantwortung für die Beziehung haben als das Kind – egal in welchem Alter. Es ist natürlich gesehen so, dass die Kinder einfach den Wunsch haben, sich an die Eltern anzulehnen. Das ist leider im Alltag oft nicht so – viele sind weiter als ihre Eltern und übernehmen mehr Verantwortung für die Beziehung. Natürlicherweise wäre aber die Verantwortung der Eltern für die Beziehung aus meiner Sicht höher.

Spannend! Diese Frage ist vielleicht jetzt etwas schwieriger: Was sind aus deiner Sicht die 3 wichtigsten Erkenntnisse, die du durch die GFK gewonnen hast?

Das ist gar nicht schwierig! Die wichtigste Erkenntnis ist: Radikale Selbstverantwortung. Die wichtigsten drei Punkte sind für mich dabei:

1. Ich bin verantwortlich für meine Gefühle.
2. Ich bin verantwortlich für meine Gedanken.
3. Ich bin verantwortlich für meine Bedürfnisse.

Das ging schnell! Vielleicht ist das schwieriger: Was war eins deiner intensivsten Erlebnisse mit GFK?

(Denkt lange nach) Ja, das ist schwieriger, es gibt viele krasse Erlebnisse.

Ich erzähl dir von einer Situation mit einer ehemaligen Partnerin von mir. Wir hatten einen Konflikt und sie war unendlich verletzt und wütend und hat Sätze gesagt wie „Ich schmeiß dich raus! Ich will dich nie mehr wieder sehen! Geh weg von mir!“ und Ähnliches.

Oh, wie hast du reagiert?

Ich habe ihr immer wieder gesagt „Ich sehe dich und du bist mir wichtig! Es kommt an, dass du total verletzt bist und dass du große Angst vor dem Schmerz hast.“ Ich habe eine halbe Stunde lang insistiert und bin nicht weggegangen. Ich hab hartnäckig Empathie und Wertschätzung gegeben und ihr gesagt, dass sie mir wirklich wichtig ist. Das Ganze dann gemischt mit Resonanz wie „Ich bedauere mein Verhalten und dass ich nicht so für dich da war …“

Nach etwa einer halben Stunde war die Widerstandsenergie aufgebraucht und die Verbindung war wieder möglich. Dann haben wir uns ungefähr fünf Minuten lang im Arm gehalten und eine ganz tiefe Verbindung miteinander erlebt. Meine Hartnäckigkeit hat dabei geholfen, dass sie wieder Vertrauen fassen und sich auf die Verbindung einlassen konnte.

Wow! Wie schwer war es, in dem Moment in der empathischen Haltung zu bleiben?

Ich hab mich vorab intensiv darauf eingestellt, dass das so kommen kann und mich entschieden, dass ich dableiben werde. Die Fähigkeiten dafür zu erlangen, in dieser Klarheit zu bleiben und mich nicht triggern zu lassen, hat ungefähr 3-5 Jahre intensive Auseinandersetzung gebraucht.

Ich möchte jetzt gerne auf die vier Schritte der GFK eingehen. Was ist das jeweils Schwierigste für dich an den einzelnen Schritten?

1. Schritt: Wahrnehmung

Mir immer wieder wirklich klarzumachen, dass ich stetig nur aus meiner Perspektive schaue und dass ich Vermutungen oder Interpretationen habe, die keine Wahrheit oder Gewissheit sind. Und die Klarheit, dass auch meine ganz simple Wahrnehmung eine andere sein kann die des anderen. Zum Beispiel: „Ich habe klar gehört, dass du gesagt hast, du bist um 18:00 da.“ Da kann der andere immer noch eine andere Wahrnehmung haben: „Das hab ich nie gesagt!“. Also schwierig ist für mich beim ersten Schritt, wirklich offen zu bleiben, dass es für den anderen völlig anders sein kann.

2. Schritt: Gefühl

Ich finde, das Schwierige bei den Gefühlen ist, bei Wut und Ärger zu schauen, was dahintersteckt. Oft liegt da Hilflosigkeit, Verzweiflung oder Angst zugrunde und weil wir diese nicht spüren wollen, decken wir sie mit Urteilen ab, was falsch und was richtig ist usw. und werden dann wütend. Es ist aus meiner Sicht sehr schwer, die eigentlichen Gefühle aufzudecken, zuzulassen und zu spüren, weil es vielen Angst macht.

3. Schritt: Bedürfnisse

Dabei ist aus meiner Sicht schwer, uns die Zeit zu nehmen, wirklich zu spüren, um was es uns gerade geht.

4. Schritt: Bitte

An der Bitte ist das Schwierigste die Kreativität, die es braucht, um Bitten zu finden, die die Bedürfnisse aller berücksichtigen.

Und was würdest du sagen, ist grundsätzlich das Schwierigste an der Umsetzung der GFK?

Hm. Vielleicht, dass wir uns selbst so hohe Ansprüche stellen, denen wir mit unseren Fähigkeiten oft gar nicht gerecht werden können. Wir wollen gewaltfrei mit anderen reden und haben einfach die Erfahrung noch nicht. Dann sind wir frustriert oder enttäuscht, wenn es uns nicht gelingt und werten uns möglicherweise sogar dafür ab.

Was kann ich tun, wenn ich nicht nach meinen Werten gehandelt habe und ich mich dafür verurteile?

Die Antwort und vieles mehr gibt’s im dritten Teil:

Wichtige Erkenntnisse, intensive Erlebnisse und GFK mit Kindern – ein Interview mit Tassilo Peters (3)

Dies ist der dritte Teil des Interviews. Wenn du den ersten und den zweiten Teil noch nicht gelesen hast, klicke hier.

Was kann ich tun, wenn ich nicht nach meinen Werten gehandelt habe und ich mich dafür verurteile?

Wenn ich mich selbst abwerte, kann ich das auch gleich genießen! Ich sage mir dann: „Ich entscheide mich jetzt für Selbstabwertung. Das mache ich jetzt so lange, wie es mir Spaß macht.“

Das Wesentliche ist, mir klarzumachen, dass es sich dabei um eine freie Entscheidung, eine „freiwillige Dienstleistung“ handelt und ich auch wählen kann, anders zu denken. Wenn es mir reicht mit der Selbstabwertung, kann ich mich für was anderes entscheiden, zum Beispiel zu schauen, wie ich mich nächstes Mal anders verhalten wollen würde, worum es mir oder dem anderen ging und wie das anders umsetzbar gewesen wäre.

Ich hab den Eindruck, dass oft bei der „Selbstwolfung“ (= Selbstabwertung) gerade darum geht, sich wehzutun. Nach dem Motto: „Das ist meine Strafe, ich verdiene es nicht anders, es soll mir schlecht gehen.“ Wie würdest du Menschen raten, damit umzugehen?

Ich würde fragen: „Wer hat was davon, dass es mir nicht gut geht?“ Wenn der andere wirklich etwas davon hat – was aus meiner Sicht nie der Fall ist – dann ist es doch okay. Wenn aber einfach niemand was davon hat und es keinen Sinn hat, sich selbst abzuwerten, wozu dann dabei bleiben?

Wenn der andere mir die Schuld geben mag und ich nehme die Schuld reumütig an, dann kann das im ersten Moment eine Genugtuung für den anderen sein. Aber absolut gesehen hat keiner was davon, weil dadurch keine tiefe Verbindung entstehen kann.

Wichtig ist, sich klarzumachen: Was bringt es und was will ich? Es ist eine freiwillige Entscheidung, mich abzuwerten und es gibt auch andere Wege.

OK! Wir sind fast am Ende: Jetzt hast du noch die Chance, Eltern drei wesentliche Erkenntnisse mit auf den Weg zu geben! Go!

Erstens: Das hab ich ja schon genannt: Die radikale Eigenverantwortung.

Zweitens: Alles ist verhandelbar! Löse dich von deinen Fixierungen.

Es gibt nichts, das „gar nicht geht.“ Zum Beispiel im Kindergarten: „Schlagen geht gar nicht!“ – das stimmt nicht, die Kinder beweisen uns doch tagtäglich, dass Schlagen geht! Die Frage ist, was steckt dahinter? Schlagen ist extrem schnell begreifbar, es ist eine universelle Sprache. Und die Kinder wollen damit ja irgendwas bewirken – ihre Ruhe haben, ihre Autonomie schützen, was auch immer. Ich mag die Strategie vielleicht nicht, aber es von Haus aus zum Tabu zu machen, finde ich unsinnig. Schlagen ist nicht einmal per se eine Strategie, die ich ablehnen würde. Wenn ein Kind entführt wird, will ich, dass es mit aller Kraft um sich schlägt.
Mir geht es darum, klarzumachen, dass wir das Leben selbst gestalten und die Kinder nicht in eine Form pressen wollen.

„Unsere Kinder sind kein weißes Blatt Papier, was wir mit dem richtigen Text vollschreiben müssen, sondern komplexe Galaxien, die wir jeden Tag mehr und mehr erforschen dürfen, ohne sie jemals ganz zu verstehen. Wenn wir heute einen kleinen Teil verstanden haben, dürfen wir morgen neugierig sein, ob es sich noch genauso verhält wie gestern.“ (Tassilo Peters in seinem Blogartikel „Erste Hilfe für Eltern!“)

Kinder sind Menschen mit Gefühlen und Bedürfnissen und solange die Eltern Fixierungen haben, schaffen sie Tabuthemen. Wenn man über alles verhandeln kann, dann gibt es sicherlich eine Lösung, die für alle okay ist und wir kommen mindestens in Verbindung. Wenn nicht, verstehen wir die Bedürfnisse des Kindes nicht oder ignorieren sie und drücken ihnen unseren Willen auf. Das bringt das Kind in eine riesige Hilflosigkeit.

Heißt das, ich muss meine Werte dann aufweichen und immer einen Mittelweg finden?

Wenn ich sage, dass man über alles reden, über alles verhandeln kann, heißt das NICHT, dass das Kind alles kriegt oder machen kann, was es will! Auf keinen Fall werde ich einer Strategie zustimmen, die für mich nicht okay ist!

Aber ich nutze die Möglichkeit, wirklich mitzugestalten und meine Werte einzubringen, wenn ich mit meinem Kind darüber spreche.  

Was wäre die dritte Sache, die du Eltern mitgeben würdest?

Ach, es gibt so vieles. Zeig dich verletzlich, sei erwartungsfrei, mach dich zum Affen, also lasse dich auf Kinderstrategien ein …

Aber was mir glaube ich noch wichtiger ist: Scheitere vorbildlich.
Das heißt, dass Eltern ein Vorbild darin werden, zugeben zu können, wenn sie nicht nach ihren Werten gehandelt haben.

Wenn ich ausgerastet bin, dann kann ich danach zu  meinem Kind hingehen und das aufräumen: „Vorhin hab ich dich angeschrien und das war nicht ok von mir, das wollte ich nicht. Ich mag, dass wir alle liebevoll miteinander umgehen. In dem Moment hab ich einfach keinen anderen Weg gesehen und das bedauere ich echt.“

Das Gefühl sagt dem Kind sowieso, dass es nicht okay war, was da passiert ist. Wenn Eltern jetzt versuchen, das zu rechtfertigen, totzuschweigen oder kleinzureden, dann traut das Kind irgendwann seinem Gefühl nicht mehr oder denkt, es sei okay, so mit anderen umzugehen. Es verliert Vertrauen und Verbindung zu uns. Wenn wir aber aufräumen und klarmachen, dass wir es selbst bedauern, dann lernt das Kind, wie es mit eigenen „Fehlern“ zukünftig sinnvoll und konstruktiv umgehen kann.

Cool, danke dir! Hast du jetzt zum Abschluss noch einen GFK-Witz für mich?

Ich liebe den Comic von Sven Hartenstein zum Thema Bedürfnisse. Bitte füge ihn hier ein, er wirkt mit Bild einfach besser!

Quelle: https://anvc.svenhartenstein.de/de/1/
Sven Hartenstein

Wenn du jetzt mehr über Tassilo Peters erfahren möchtest, kommst du hier auf seine Website. Tassilo bietet auch ein 1,5-stündiges Onlinetraining „Einführung in die Gewaltfreie Kommunikation“ an, an dem du von zuhause aus kostenlos teilnehmen kannst! Hier kannst du dich dafür anmelden.

Und hier noch mein absolutes Tassilo-Lieblingsbild!

Tassilo mit Sohn Jannis
Das Bild wurde mir zur Verfügung gestellt

Danke, Tassilo, für das aufschlussreiche und lustige Interview! War mir eine Freude! 🙂

Die wichtigsten Erkenntnisse, intensive Erlebnisse und GFK mit Kindern – ein Interview mit Tassilo Peters

Tassilo Peters ist Trainer für Gewaltfreie Kommunikation, Vater von drei Jungs, Diplomsozialpädagoge, Mitbegründer eines Waldkindergartens und … Meister im vorbildlichen Scheitern! Er sagt selbst, wie oft er „auf die Schnauze gefallen“ ist und wie viel er daraus gelernt hat. Im Laufe seines Lebens hat er einige Erfahrungen gesammelt, wie GFK vor allem im Umgang mit Kindern umsetzbar ist.

Heute hat er sich zu einem Interview mit mir bereiterklärt, in dem er mir von seinen Erfahrungen, Erkenntnissen und Sichtweisen der GFK berichtet.

Suki Klohn im Interview mit …
… GFK-Trainer Tassilo Peters

Hallo Tassilo! Lass uns gleich anfangen, ich weiß, du hast einen engen Zeitplan! Kannst du in einem Satz zusammenfassen, was GFK ist?

GFK ist eine Möglichkeit, um sensationell tiefe Verbindungen zu gestalten!

OK! Und wie lange beschäftigst du dich schon mit GFK?

Seit 2009 ungefähr. Also so 10 Jahre.

Gibt es für dich auch nach 10 Jahren noch Situationen, in denen dir GFK besonders schwerfällt?

Ja, wenn ich zum Beispiel hungrig oder müde bin, wenn ich in Notsituationen stecke wie bei Unfällen oder echter Gefahr. Dann fällt mir manchmal sehr schwer, Empathie zu geben oder mir auch nur klar darüber zu sein, was gerade wirklich passiert. Es kommt immer mal wieder vor, dass mein Wolf mit mir durchgeht!

Gibt es da auch spezielle Menschen, mit denen GFK besonders schwierig für dich ist? Ohne jetzt Namen zu nennen 😉

(lacht) Also vielleicht sicherheitshalber ganz allgemein: Mit Menschen, die einem am nächsten stehen, fällt GFK in der Regel besonders schwer, weil gewisse Beziehungsmuster den Zugang zum GFK-Wissen verhindern. In engen Beziehungen sind wir sehr schnell getriggert. Getriggert bedeutet, in unserem Gehirn wird ein alter Schmerz oder eine alte Angst aktiviert und wir reagieren dann aus Schutz davor mit einer der drei ursprünglichen Verhaltensweisen: Kampf, Flucht oder Totstellen. Diese Aktivierung behindert das klare Denken und steht oftmals nicht in Einklang mit unseren Werten. Das passiert vor allem mit nahestehenden Personen häufiger.

Wie kann man dem entgegenhandeln? Reicht da ein Bewusstmachen in der Situation?

Nein. Ich würde sagen, das ist ein längerer Prozess, weil wir unser Gehirn dafür dauerhaft umprogrammieren müssen. Es braucht ein wiederholtes, bewusstes Gegensteuern, das dem Gehirn immer wieder klarmacht, dass die Situation keine Gefahr mehr darstellt. Es ist ähnlich wie in der Traumatherapie. Vereinfacht gesagt wird durch Reden und Neubewertung dem Gehirn immer wieder klargemacht, dass heute nicht mehr die große Gefahr besteht wie damals, damit banale Auslöser einen irgendwann nicht mehr in diese starke Angst versetzen. Es ist also wichtig, sich mit seinen eigenen Triggerthemen zu beschäftigen, um dann entspannter damit umgehen zu können, wenn sie aktiviert werden.

Da muss ich mich ja richtig mit mir selbst auseinandersetzen! Klingt, als wäre GFK lernen anstrengend! Geht es denn nicht einfacher? Die vier Schritte befolgen und fertig? 😉

Ich fürchte nicht! Wenn wir uns wirklich ändern wollen, ist es immer erst mal schmerzhaft zu erkennen, was wir alles noch nicht so gut können.
Nur die Sprache zu ändern, würde relativ wenig bringen, wenn wir noch immer in unseren alten Mustern denken. Das wäre wie ein marodes Haus einfach schön anzustreichen. Bringt nix, innen ist es noch immer schimmlig und morsch! Wenn wir wirklich dauerhaft darin leben wollen – übertragen auf GFK also mehr Liebe und Leichtigkeit in unser Leben bringen wollen – dann ist manchmal eine Kernsanierung notwendig. Dabei wird es auch immer wieder Aufs und Abs geben und manches fällt uns vielleicht leichter, manches schwerer. Das Schöne ist, dass ja nicht erst ein perfektes Haus beziehbar ist. Wir können uns an jedem weiteren Detail, das hinzukommt, erfreuen und feiern! Das empfehle ich sowieso: ganz viel feiern, um sich zu motivieren und dranzubleiben! Wir sind nicht perfekt, hey, aber wir bemühen uns stetig, mehr nach unseren Werten zu leben!

Du bist ja vor allem Trainer für Eltern und PädagogInnen. Macht das einen Unterschied? Also ist GFK mit Kindern denn grundsätzlich anders als mit Erwachsenen?

Ja, auf jeden Fall! Es ist ein großer Unterschied.

Kinder brauchen…

Mehr gibt’s in Teil 2:

Wertschätzendes Diskutieren

Diskutieren kann ganz schön anstrengend sein! Immer wieder werden die Beteiligten laut und unsachlich, hören gar nicht mehr richtig zu, schleudern sich nur noch ihre jeweiligen Argumente oder Scheinargumente an den Kopf, um Recht zu behalten oder zu gewinnen.

Das führt sogar in einigen Fällen so weit, dass sich durch das Diskutieren trotz sachlich überzeugender Argumente die Fronten weiter verhärten und beide noch extremer in ihre Meinung rutschen. Gerade bei besonders wichtigen und emotionsgeladenen Themen mit stark unterschiedlichen Meinungen entsteht in Diskussionen schnell ein kräftezehrender Kampf, der die Parteien weiter auseinandertreibt.

Im Workshop „wertschätzendes Diskutieren“ lernst du, warum Diskussionen häufig so verlaufen und wie es anders gehen kann. Du lernst eine Haltung kennen, die einen offenen Austausch ermöglicht und erfährst, wie du diese Haltung in Diskussionen umsetzen kannst.

Inhalt

In diesem Workshop erlebst und erfährst du …
… einige Gründe für die Eskalation alltäglicher Diskussionen.
… eine Haltung, in der es beim Diskutieren nicht ums Gewinnen oder Rechthaben geht, sondern in der unterschiedliche Meinungen nebeneinander stehenbleiben können.
… eine Möglichkeit, wie du in einer Diskussion eine Offenheit etablieren kannst, die es erleichtert, sachliche Argumente auszutauschen.
… einen Weg, wie du ohne Manipulation anderen mehr Lust machst, ihre Meinung zu überdenken und sich deine Argumente anzuhören.
… eine Art des Diskutierens, die trotz verschiedener Meinungen ein Miteinander und tiefes, gegenseitiges Verständnis ermöglicht und die die Wahrscheinlichkeit enorm erhöht, dass nach dem Gespräch auf beiden Seiten mehr Verständnis, Wissen und Wohlwollen herrscht. 

Du bekommst zum Workshop …

zahlreiche Materialien innerhalb des Kurses sowie ein Fotoprotokoll der Flipcharts und Übungen per Mail, um die GFK einzuüben und um dir die Möglichkeit zu geben, auch nach dem Seminar jederzeit die wichtigsten Punkte nachlesen und dich an die wesentlichen Erkenntnisse erinnern zu können. Nachhaltigkeit ist mir sehr wichtig!

Bei Bedarf bekommst du auch gerne die digitalen Versionen der Übungen und Arbeitsmaterialien. Dazu kannst du dich im Seminar in eine Mailliste eintragen.

Rahmen

Datum: Samstag, den 12. Oktober 2019
Uhrzeit: 9:00 bis 18:00
Ort: Gessertshausener Straße 4, 86356 Neusäß (Praxis für Gesundheitsfürsorge)
Preis: 90€ bis 140€.*

* Jeder und jede kann innerhalb dieser Spanne den Betrag zahlen, der für ihn oder sie in der persönlichen Lebenssituation angemessen erscheint. Der Betrag ist bis zum 9.10. zu überweisen, um dir deinen Platz zu sichern. Die Kontodaten sowie weitere Infos bekommst du per Mail.

Anmeldung

Du kannst dich bis zum 8. 10. per Mail anmelden. Fülle dafür dieses Formular aus:


    Die mit (*) gekennzeichneten Felder sind Pflichtfelder.
    Deine Daten und Informationen werden selbstverständlich nicht an Dritte weitergegeben und nur für dieses Seminar genutzt!

    Wenn du noch Fragen hast, dir den Beitrag nicht leisten kannst oder grundsätzlich unsicher bist, ob du den Workshop besuchen möchtest, kannst du mir jederzeit eine Mail schreiben. Und wenn dir das lieber ist, machen wir per Mail einen Telefontermin aus, um darüber zu sprechen. Dafür kannst du an meine Email-Adresse schreiben (Suki@weltverbunden.de) oder dieses Kontaktformular verwenden:

      6 Wege, GFK kennenzulernen oder zu vertiefen:

      Wenn du dich für GFK interessierst und gerne mehr darüber lernen möchtest, gibt es viele verschiedene Möglichkeiten. Hier liste ich dir ein paar auf:

      1. Seminare und Coachings

      Meine Lieblingsmethode ist, Seminare zu besuchen. Dort erfährt man nicht nur theoretisch, was GFK ist, sondern erlebt sie auch noch und kann direkt angeleitet einsteigen, selbst zu üben.

      Auch ein Coaching ist eine gute Möglichkeit, individuelle Schwierigkeiten anzugehen und genau die Aspekte zu lernen, die du für deine persönliche Situation brauchst.

      Wenn du zu einem meiner Seminare kommen magst oder dich für ein individuelles Coaching interessierst, schau doch mal hier:

      Wenn du woanders wohnst, aber bereit bist, einen Vortrag oder ein Seminar für eine größere Gruppe Menschen zu organisieren, melde dich gerne bei mir!

      TrainerInnen, die ich ebenfalls empfehlen kann, weil ich sie persönlich kenne und erlebt habe, sind folgende:
      Katrin Hefendehl (Karlsruhe)
      – Christian Hinrichsen (Dießen am Ammersee)
      – Gisela Waldherr (München)
      Tassilo Peters (Aichach)
      – Judith Pfeiffer (München)
      – Conny Pinnekamp (Augsburg)
      – Karoline Bitschnau (Lofer)

      2. Workshoptage

      Ein Workshoptag bietet immer eine niederschwellige Gelegenheit, GFK zu erfahren. Meist sind Workshops günstiger als Seminare und du kannst dir verschiedene, für dich relevante Themen im Bereich GFK anschauen.

      In Augsburg findet der nächste Workshoptag am 10.10.2020 statt. In München gibt es immer im Januar und im Juli zwei Workshoptage, Samstag und Sonntag. Nächstes Jahr finden sie am 11. und 12. Juli statt – ich werde an beiden Orten ein Angebot geben!

      3. Übungsgruppen

      Es gibt in vielen Städten GFK-Übungsgruppen, die du zu einem kleinen Unkostenbeitrag besuchen kannst! Dort lernst du regelmäßig im Austausch mit anderen und unter Leitung von TrainerInnen, wie du GFK mehr in deinen Alltag und dein Denken integrieren und noch tiefer verstehen kannst.

      Ich leite ebenfalls eine Übungsgruppe. Wenn du gerne Infos dazu möchtest, schreibe mir gerne eine kurze Mail an Suki@weltverbunden.de

      Ich gebe nur die Infos nicht öffentlich raus, weil ich gerne einen klaren Überblick haben möchte, wer sich für die Übungsgruppe interessiert!

      4. Bücher

      Ich selbst habe angefangen, GFK mittels Büchern zu lernen. Dadurch hatte ich die Grundlagen bereits verstanden, ehe ich sie auf Seminaren das erste Mal wirklich erlebt habe.

      Ich empfehle dir, mit Marshall Rosenbergs Werken anzufangen (Er ist der Begründer der GFK): Gewaltfreie Kommunikation – eine Sprache des Lebens. Es bietet für mich die Grundlage der GFK und beinhaltet alle Basics.

      Fortführend empfehle ich dann, wenn es um ein größeres Verständnis der GFK im gesellschaftlichen Kontext geht, folgendes Buch: Die Sprache des Friedens sprechen – in einer konfliktreichen Welt von Marshall Rosenberg.

      Es gibt auch ein wirklich gutes Buch zur Weiterführung zum Thema Schuld: Wut, Schuld und Scham von Liv Larsson.

      Einige Bücher sind auch als Hörbücher verfügbar!

      5. Videos

      Ein guter Freund und großes Vorbild von mir, Christian Hinrichsen, hat einen kostenlosen Videokurs gedreht und auf Youtube hochgeladen. Auch dieser kann als Grundlage dienen.

      6. Blog und Newsletter

      Für meinem Blog schreibe ich gerade eine Einführung in die Gewaltfreie Kommunikation. Dort sind bereits einige Bestandteile als Blogartikel zu finden:

      Hier ein paar Beispiele für Blogartikel, die ich geschrieben habe:

      https://weltverbunden.de/2019/10/16/faq-1-was-ist-gewaltfreie-kommunikation-rhetoriktraining-regelwerk-und-freundlich-sein/

      Ich produziere stetig neue Blogartikel als Einführung in die Gewaltfreie Kommunikation und zu verschiedenen Themen im Bereich GFK und möchte auch bald Videos machen.

      Um wirklich dranzubleiben, kannst du meinen Newsletter abonnieren. Da erfährst du ein oder maximal zweimal im Monat, wenn es neue Veranstaltungen, Blogs oder Videos gibt.

      Judith Pfeiffer, eine Freundin von mir, schreibt ebenfalls Blogs über GFK und schreibt wunderschöne, bereichernde Newsletter:

      https://www.judithpfeiffer.de/web/blog/

      Fridays For Future – wirksamer sein durch Gewaltfreie Kommunikation! [1]

      „Gewaltfrei? Wie soll das dem Klima wirksamer nützen? Wenn wir freundlich sind, hört uns doch gar keiner zu!“

      Vielleicht denkst du beim Lesen des Titels so etwas oder so was Ähnliches. Du bist vielleicht besorgt, weil du vermutest, dass es eine gewisse Aggressivität braucht, um gehört zu werden? Du hast – wie vermutlich die meisten der FFF-Bewegung – die tiefe Sehnsucht danach, wirklich wirksam zu sein, mit deiner Stimme gehört und ernst genommen zu werden und beizutragen zu einer sichereren, friedlicheren und faireren Zukunft?

      Ich teile diese Sehnsucht mit dir und möchte dir in diesem Artikel erklären, wie du – mindestens im persönlichen Kontakt – deine Wirksamkeit durch Gewaltfreie Kommunikation (GFK) erhöhen kannst.

      Gegen FFF

      Zunächst möchte ich dir einen Ausschnitt aus einem Text zeigen, der sehr stark gegen FFF argumentiert:

      Ich lade dich ein: Spüre mal in deinen Körper, was dieser Text mit dir macht. Was für Gedanken und Gefühle kommen da auf? Nimm es ernst, pausiere mal kurz und schau, wie der Text auf dich wirkt.

      Als ich den Text gelesen habe, der noch sehr viel länger ist als dieser Ausschnitt und nicht weniger heftig wird in seiner Aussage, hat mein Herz angefangen, wie wild zu pumpen. Ich habe eine Hitze in mir aufwallen gespürt, mein Körper wurde hibbelig und ich hatte plötzlich ganz viel Energie in mir. Energie, mich zu wehren, Energie, die Argumente und die „absolut dämliche, polemische und von kompletter Ahnungslosigkeit geprägte“ Meinung des Autors oder der Autorin zu zerstören. Ich war kampfbereit und voller Wut. Ich schüttelte den Kopf und dachte solche Dinge wie „Wie blöd kann jemand sein?! Das kann doch keiner ernst meinen … Wie viel Hass und Verbitterung muss dieser Mensch in sich tragen!“ usw.

      Ging es dir ähnlich? Hast du Abwehrreaktionen gespürt? Was für Urteile kommen in dir auf?

      Ehe wir uns ansehen, wozu diese Übung dient, möchte ich mich damit beschäftigen, wie solche Gegenstimmen entstehen könnten.  

      Wie entstehen abwertende Argumente gegen FFF?

      Ich bin der Ansicht, dass dahinter ein Denken steht, das auf Richtig und Falsch, Schuld und Scham, Recht und Unrecht basiert, in dem viele Menschen feststecken. Es wird von einem aggressiven Gegeneinander ausgegangen. Menschen sehen bei den FFF-Demos nicht den Versuch, für unser aller Zukunft zu kämpfen, sondern die Suche nach dem Schuldigen und einen direkten Angriff gegen ihr Leben, ihr Tun, ihre Entscheidungen. Sie hören: „Ihr Erwachsenen seid falsch! Ihr habt es verkackt! Wir machen es richtig und müssen jetzt eure Fehler ausbaden!“

      Sicherlich ist die Art, wie Greta Thunberg manche Dinge formuliert, ein Grund für die angespannte Atmosphäre. Um nur einen Satz zu nennen, der aus meiner Sicht den Ton mancher ihrer Reden widerspiegelt: „Ihr seid nicht erwachsen genug, um zu sagen, wie es ist. Sogar diese Last bürdet ihr uns Kindern auf.“ – etwas, das schwerlich nicht als Angriff verstanden werden kann. Ein anderer Grund ist vielleicht, dass sich manche Demonstrationssprüche an Autofahrer richten – zu denen die meisten Erwachsenen in Deutschland gehören. Oder dass sich viele Menschen von Rufen wie „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!“ angesprochen und angeklagt fühlen. Plakate, Demorufe, Blockaden, Ausdrucksweisen in Reden, alles davon kann dazu führen, dass Menschen sich schnell angegriffen erleben. 

      Ich möchte eins klarstellen: Ich mache weder den Demonstrierenden noch Greta Thunberg irgendeinen Vorwurf. Ich verstehe die Not und die Intention dahinter und bewundere das Engagement und die Vision, die dahintersteht. Es geht hier also nicht darum, herauszufinden, wer „angefangen“ hat, wer etwas „falsch macht“ oder wer „schuld“ ist. Es geht um einen Versuch zu verstehen, wieso die Fronten verhärtet sind und wie du beitragen kannst, dass es wieder mehr ins Miteinander geht. Warum das dringend notwendig ist, um wirksamer zu sein, erkläre ich dir gleich.

      Wir können also zusammenfassen: manche Menschen erleben sich – aus welchen Gründen auch immer – von den FFF-Aktionen angegriffen.

      Was passiert bei dem Gedanken, angegriffen zu werden?

      Wenn das Gehirn etwas als „Angriff“ registriert, reagiert das Unterbewusstsein schneller als das Bewusstsein. Es gibt verschiedene instinktive Reaktionsmöglichkeiten: Kampf, Flucht oder Totstellen (Lähmung). Die, von denen solche Posts erscheinen oder die wütend am Straßenrand stehen und die Demonstrierenden anschreien, reagieren mit „Kampf“.

      Viele Menschen, die an das Schuld- und Richtig-Falsch-Denken gewöhnt sind, sehen nur zwei Möglichkeiten:
      „Die Jugendlichen haben recht, dann bin ich schlecht und falsch!“ – in dieser Möglichkeit sind Scham und Schuldgefühle vorprogrammiert.
      oder
      „Die Jugendlichen haben unrecht, also haben sie auch kein Recht, mich anzugreifen! Sie verhalten sich falsch und sollten sich schämen!“ – wählen sie diese Variante, werden sie wahrscheinlich wütend oder zornig.

      Da sich die meisten Menschen sehr ungern schuldig fühlen, werden sie sich dagegen wehren, „angegriffen“ zu werden. Wer ist schon gerne falsch? Und wenn es nur zwei Möglichkeiten gibt, ist der logische Schluss aus „Ich bin nicht falsch“, dass die anderen falsch sein müssen. Und wenn Gedanken auftauchen, was an anderen falsch ist, werden Menschen sehr schnell wütend.

      Stell dir mal vor, du hast mit jemandem Streit, ihr beide seid gegensätzlicher Meinung und du hörst einen persönlichen Angriff. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass du eingestehst, dass das Anliegen deines Gegenübers vernünftig ist? Und wie gerne möchtest du dann freiwillig auf ihn zugehen und mit ihm kooperieren? Wie wahrscheinlich ist es, dass du ihn unterstützt, ihm zustimmst, ihn bestärkst?
      Ist es nicht viel wahrscheinlicher, dass du dich mit allen Mitteln wehren wirst?

      Wer wütend ist, grenzt sich ab und will nicht kooperieren. Er sieht keine Kooperation, sondern ein Gegeneinander. Ein Ich vs. ein Du oder ein Wir vs. die anderen. Dann sind zwei gegeneinander gestellte Seiten entstanden und man hat sich für eine entschieden.

      Ein ewiger Kreislauf des Gegeneinanders

      Erinnere dich, wie es dir ging, also du den Text gelesen hast. Warst du wütend? Hast auch du einen Angriff gehört und bist direkt in den Kampfmodus gewechselt? Hattest du Gedanken, was an der Person, die das geschrieben hat, alles falsch ist?
      Bei mir war es so.

      Das heißt, solche oder ähnliche Posts, Rufe oder Meinungen von KritikerInnen empfinden einige FFF-AktivistInnen dann wiederum als Anklagen, Angriffe, Schuldzuweisung und reagieren mit Gegenangriff. So entsteht ein Kreislauf des Gegeneinanders (– wer angefangen hat, spielt übrigens dabei keine Rolle, es geht ums Verstehen und Durchbrechen!).

      Jeder sieht sich im Recht, es werden scheinbare Argumente hin- und hergeworfen, die von der anderen Seite nur weggewischt werden. „Die haben keine Ahnung!“ ist auf beiden Seiten die Einstellung, mit der sie in die Diskussion gehen. Es geht um Recht haben, gewinnen, nicht schuldig sein und dem anderen klarmachen, dass er falsch liegt.

      Besonders dramatisch an der ganzen Sache ist Folgendes: Wir haben eine Diskussionskultur, in der es häufig verpönt ist, über die Gefühle und die Dynamiken zwischen den Argumentierenden zu sprechen – alles soll auf sachlicher Ebene stattfinden. So verwenden die diskutierenden Parteien scheinbare Sachargumente, aber die Diskussion ist schon alles andere als sachlich. Hat der andere überzeugendere Argumente, werden notfalls Scheinargumente, Diffamierungen und Stigmatisierungen hinzugeholt oder persönliche „Fehler“ genutzt, um den anderen in seiner Glaubwürdigkeit zu untergraben – bloß nicht verlieren!

      Wenn wir in einer solchen Situation feststecken, ist es vollkommen egal, welche Argumente gebracht werden. Niemand ist mehr offen für die Seite des anderen, denn ein Ändern der eigenen Meinung, ein Zugeständnis oder Einverständnis mit der Meinung des anderen wird dann als Niederlage betrachtet. Es geht nicht mehr um die Sache, sondern darum, den „Kampf zu gewinnen“ – nach dem Motto „Hart bleiben, denn sobald ich Schwäche zeige, werde ich zerfleischt!“.

      In einer solchen Diskussionsatmosphäre ist es absolut unmöglich, andere wirklich zu überzeugen. Auch im Nachhinein wäre dieses scheinbare Richtig und Falsch so deutlich zu spüren, dass ein Zugeständnis unmöglich scheint, ohne sich selbst als falsch anzuerkennen. Schuld, Scham und Schmerz sind dabei die unerwünschten Nebenwirkungen, die Menschen gerne zu meiden versuchen. So verhärten sich die Fronten und es wird unterbewusst überlebensnotwendig, die eigene Stellung zu halten – da sonst die Gefahr besteht, dass der andere über einen herfällt.  

      Wenn wir weiter eine auf Gegeneinander basierende Diskussionskultur pflegen, werden wir immer weiter dazu beitragen, dass sich die Fronten verhärten und es anderen noch schwerer machen, ihre Position zu überdenken, zu wechseln oder zu widerrufen. Wir drängen unsere „GegnerInnen“ also mit vehementen Argumenten in eine immer stärkere Gegenposition.

      Aus meiner Sicht ist es dringend notwendig, dass ein Miteinander entsteht. Eine Diskussionskultur, in der Offenheit und gegenseitiges Verständnis herrschen. Damit die Chance eröffnet wird, die eigenen Position gefahrlos zu verändern. Damit eine echte Verständigung, ein echtes Verständnis von beiden Seiten erreicht werden kann – ohne Angst vor Gesichtsverlust, Beschämung, Schuldzuweisungen und Selbstgeißelung.

      Wie kann dieser Kreislauf durchbrochen werden?

      Ich habe schon mehrfach erlebt, wie auf dieselbe Art dieser Kreislauf durchbrochen werden und wieder ein Miteinander entstehen kann, in dem Menschen offen für Argumente und meine Meinung sind. Wie genau ich das gemacht hab und was du tun kannst, erfährst du im zweiten Teil des Blogartikels:

      Befreie dich von alten Mustern und finde deinen Weg!

      Jeder Mensch ist durchdrungen von gewohnten Mustern, Handlungsabläufen, Reaktionen, Denkweisen und Bewertungssystemen. Solange uns diese Gewohnheiten unbewusst dominieren, können wir kaum wirklich frei über unser Leben entscheiden. Auf einen bestimmten Reiz spielen wir eine bestimmte Reaktion ab, immer und immer wieder. Wir holen uns ständig Bestätigung für unsere üblichen Denkweisen, indem wir der Welt auf eine Weise begegnen, die diese Bestätigung hervorruft.

      Vor allem wenn wir getriggert oder in Hektik, Stress und Unachtsamkeit gefangen sind, dann re-agiere wir … wie immer. Wir handeln nicht pro-aktiv, also entscheiden uns nicht für eine Handlung, sondern folgen unseren üblichen Reiz-Reaktions-Mustern. Unsere automatischen Abläufe spielen sich so viel schneller ab, als wir überhaupt überlegen können.

      Wenn wir diese durchbrechen wollen, hilft nur eins: Zeit zwischen Reiz und Reaktion bringen. Um eine bewusste Entscheidung zu treffen, brauchen wir Zeit. Zeit, um uns zu spüren, Zeit, um uns klar zu werden, was uns gerade wichtig ist, Zeit, um eine Reaktion zu wählen, die uns wahrscheinlich bei der Erfüllung unserer Bedürfnisse unterstützt.

      Der Atem ist der Schlüssel zur Freiheit

      Diese Zeit lässt sich wunderbar füllen, indem wir atmen. Denn der Atem ist das Leben und hilft dabei, uns wirklich zu spüren und zurück in unsere Mitte zu kommen. Es klingt so einfach und ist doch so schwierig. Gerade wenn wir wütend sind oder Angst haben, springt sofort einer der typischen Reflexe an: Angriff, Lähmung oder Flucht. Ehe wir kapieren, was los ist, hat unser Gehirn schon für uns bewertet und unser Körper entsprechend gehandelt. Es geht aber auch anders.

      Ich lade dich ein, folgende Übung mitzumachen, während du liest:

      Tief einatmen. Spüre die Luft einströmen, spüre die Hektik, Not, Wut, Sorge oder was sonst noch da ist.

      Langsam und lange ausatmen. Spüre die entweichende Luft, den entweichenden Druck.

      Tief einatmen. Folge deinem Atem in deinen Bauch und sieh nach, was da sonst noch zu finden ist – Druck in der Brust, Übelkeit im Bauch, Rumoren im Darm, Pochen im Herz, … .

      Langsam und lange ausatmen. Spüre, dass es schon leichter geht und der Druck langsam nachlässt.

      Tief einatmen. Lass bewusst alles da sein, was da ist. Sage dir: „Herzlich willkommen, Gefühle. Danke, dass ihr da seid. Ihr dürft da sein und ich sehe euch.“

      Langsam und lange ausatmen. Spüre vielleicht die Tränen kommen – mit jedem Ausatmen kommst du tiefer an deine Gefühle heran.

      In diesen drei Atemzügen lass alle Gedanken einfach ziehen. Sie dürfen kommen, aber sie dürfen auch wieder gehen, sie werden nicht festgehalten, nicht aktiv gedacht. Die Aufmerksamkeit ist nur beim Atem und im Körper. Dann bist du basal mit dir verbunden und kannst entscheiden, was dir gerade wichtig ist.

      Der Atem ist der Schlüssel zur Freiheit. Natürlich wirst du nicht jedes Mal daran denken, wenn du getriggert, gestresst oder verängstigt bist. Es erfordert viele Wiederholungen, bis das bewusste Atmen in deinem alltäglichen Repertoire eingegliedert ist.

      Deshalb schlage ich dir folgende Übung vor:

      Nimm dir, wann immer du daran denkst, eine halbe bis eine Minute Zeit, um zu atmen und in dich hineinzuspüren.

      Bei der Arbeit, an der Supermarktkasse, an der Ampel, beim Abwaschen, vor dem Schlafengehen, nach dem Sport oder wann immer du eine Tätigkeit beendest und die nächste beginnst. Nimm dir so oft es geht diese kurze Zeit, um tief durchzuatmen und neugierig zu schauen, was in deinem Körper gerade so los ist. Sage dir dabei jedes Mal wieder und wieder „Was da ist, darf da sein!“ oder „Herzlich willkommen, Gefühl. Schön, dass du da bist!“. Umso öfter dir das gelingt, desto wahrscheinlicher wird es, dass du in einer schwierigen Situation darauf zurückgreifen kannst.

      Ein sanftes Zupfen am Ärmel

      Am Anfang habe ich mir sehr schwer getan mit dieser Übung. „In mich hineinspüren, oh Gott, da kommen ja dann die ganzen schlimmen Gefühle zum Vorschein, mit denen ich gar nichts zu tun haben will!“ Irgendwann habe ich verstanden, dass diese Gefühle nicht weggehen werden, solange ich sie ignoriere. Die Aufgabe von „unangenehmen“ Gefühlen ist es, mich darauf hinzuweisen, dass irgendetwas nicht passt. Solange ich sie nicht wahrnehme, können sie also ihre Aufgabe nicht erfüllen und werden sich häufen, verstärken und mit anderen unangenehmen Gefühlen zusammentun. Sobald ich anfange, sie in kleinen Portionen immer wieder wahrzunehmen und zu beachten, wird ihnen klar, dass sie gesehen werden – auch wenn sie nicht völlig ausrasten!

      Stell dir dabei ein Kind vor, das anfangs sanft am Ärmel zupft und leise sagt: „Mama …“. Wird die Mutter sich daraufhin zu dem Kind runterbeugen und ihm zuhören, weiß es: ein sachtes Zupfen reicht aus, damit mir meine Mama zuhört. Wird die Mutter das Kind allerdings komplett ignorieren, zupft es stärker am Ärmel und sagt schon etwas lauter „Mama!“. Wird es auch dann nicht beachtet, wird seine Not größer und damit die Vehemenz und die Dringlichkeit. Also fängt es früher oder später an zu schreien und zerrt heftig am Arm „MAAAMAAAAA!!!!“ Irgendwann bleibt der Mutter keine Wahl mehr und sie muss sowieso hinhören. Das Kind lernt dabei: Nur wenn ich so laut schreie und meiner Mama am Arm reiße, wird sie mich beachten.

      Meine Erfahrung ist: So ist das mit Gefühlen auch! Solange ich sie nicht fühle, werden sie nicht weggehen, im Gegenteil: sie türmen sich zu einem großen Haufen auf, verstärken sich, werden lauter und heftiger – bis ich sie irgendwann nicht mehr ignorieren kann und dann von ihrer vollen Wucht überschwemmt werde. Wenn ich die Gefühle aber nun häufiger beachte und ihnen liebevolle Aufmerksamkeit schenke, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie in ihrer Vehemenz auch wieder zurückgehen. Sie lernen: „Ein Zupfen reicht, um Aufmerksamkeit zu bekommen!“ und müssen nicht auf das heftige Zerren und Schreien zurückgreifen.

      Gefühle „wegmachen“ – Eine Gewohnheit aus der Kindheit

      Als mir im Bezug auf meine Gefühle der Satz gesagt wurde „Was da ist, darf auch da sein!“, war meine erste Reaktion ein heftiges Kopfschütteln: „Aber ich will doch, dass diese Gefühle weggehen!“

      Die meisten von uns haben nicht ausreichend gelernt, mit unangenehmen Gefühlen konstruktiv umzugehen. Wir haben gelernt, sie wegzumachen, sie zu verdrängen oder zu ignorieren und uns abzulenken. Das liegt an der Art, wie unsere Eltern mit unseren Gefühlen umgegangen sind.

      Ich bin sicher, die wenigsten hier hatten oder haben Eltern, die gesagt haben: „Ist schon gut, du darfst wütend und traurig sein, das ist nicht schlimm, das darf sein. Ich bin für dich da und wir gehen da zusammen durch.“

      Die meisten Eltern reagieren eher so: „Ist doch nichts passiert! Komm, lach mal wieder.“ – „Nicht weinen, hier hast du ein Eis!“ – „Stell dich nicht so an, war doch halb so wild!“ – „Hör auf hier so rumzutoben, beruhig dich endlich!“ – „Ist doch kein Grund, sauer/traurig zu sein!“ usw.

      Die meisten Eltern meinen es wirklich gut und tun ihr absolut Möglichstes! Ihnen ist kein Vorwurf zu machen, sie haben ihr Bestes getan! Viele Menschen wissen einfach nicht, mit „negativen“ Gefühlen konstruktiv umzugehen, weil sie es ja selbst nie gelernt haben. Viele Eltern haben sich im Vergleich zu dem, wie sie aufgewachsen sind, bereits massiv entwickelt und sind schon wesentlich mehr in der Lage, Liebe und Zuneigung zu zeigen.

      Gleichzeitig hat diese Art des Umgangs uns von klein auf beigebracht: „Negative Gefühle sind wegzumachen.“ Wir haben gelernt, sie kognitiv runterzuspielen, sie uns auszureden, sie zu verdrängen, sie zu ignorieren, uns eben wie „gute Erwachsene“ nicht von Gefühlen, sondern der Vernunft leiten zu lassen. Und das hat dazu geführt, dass wir nicht in der Lage sind, uns konstruktiv mit dieser Art von Gefühlen auseinanderzusetzen.

      Ein Machtkampf um die Kontrolle

      Meist herrschen wir scheinbar über unliebsame Gefühle und halten sie klein, deckeln sie zu oder verbannen sie. Wir sind die Herrscher über unser Leben, sagen wir uns. Wir handeln rational, nach Logik, nach Moral, nach Vernunft, nach Regeln und Pflichten.

      Wir haben keine Lust zu arbeiten, aber dafür ist kein Platz, also stehen wir morgens auf und tun, was von uns verlangt wird. Wir sind wütend und enttäuscht, aber lächeln und sagen, wie es sich für einen höflichen Erwachsenen gehört „Kein Problem, schon gut!“. Wir sind müde, aber die Vernunft sagt, es ist noch nicht an der Zeit, schlafen zu gehen, also bleiben wir wach. Wir sind erschöpft, aber statt eine Pause zu machen, erledigen wir „nur noch diese eine Sache“, weil unser Pflichtbewusstsein entscheidet.

      Wir haben scheinbar die Kontrolle über unsere Gefühle – sie dürfen höchstens dann rauskommen, wenn wir uns im vertrauten Umfeld bei Freunden und Familie ausweinen oder auskotzen. 

      Das geht meist nicht auf Dauer gut, denn die Gefühle sammeln sich an und stauen sich zu einer Flutwelle. Irgendwann werden sie so übermächtig, dass sich die Herrschaft dreht und sie uns überschwemmen: Wutausbrüche, Depressionen, Nervenzusammenbrüche, Panikattacken, … Dann übernehmen unsere Gefühle vollends die Kontrolle und wir sind ihnen als Sklaven hilflos ausgeliefert.

      Gefühle als Wegweiser zu einem erfüllten Leben

      Gefühle – gerade solche, die wir nicht haben wollen – weisen uns darauf hin, was wir dringend brauchen und was gerade nicht erfüllt ist und können uns somit ein Wegweiser in ein erfüllteres Leben sein, wenn wir lernen, sie zu beachten und ihre Botschaften zu verstehen.

      Anfangs weiß ich vielleicht gar nicht, was meine Gefühle von mir wollen. Sie sagen nur: „Etwas ist nicht ok!“, so wie ein Baby, das einfach nur weint. „Aber was genau ist denn nicht in Ordnung? Und wie kann ich das beheben?“, das bleibt zunächst ein Rätsel. Erst, wenn wir achtsam hinsehen und unseren Gefühlen Raum geben, sie sein lassen, können wir wirklich verstehen, was sie uns sagen wollen.

      Dafür ist Wohlwollen, ein offenes Ohr und Annahme nötig. Daher schlage ich vor, wieder eine freundschaftliche Partnerschaft mit den Gefühle einzugehen. Ich schlage vor, dass wir immer und immer wieder unseren Gefühlen Raum geben und sie anhören, sie zu verstehen versuchen, sie akzeptieren, sie annehmen, sie lieben lernen, damit sie endlich ihren eigentlichen Zweck erfüllen können: uns den Weg zu weisen in ein erfüllteres Leben!

      Ganz konkret sehen wir also neugierig in uns hinein, beobachten unsere Gefühle und wie sie sich körperlich manifestieren, wie sie sich verändern, welche Form, Farbe, Struktur, Bewegung, … wir ihnen zuschreiben können. Wir sind interessierte Beobachter unserer selbst, die gerne hinhören und hinsehen. Wir sagen uns immer und immer wieder Sätze wie: „Du darfst da sein, Gefühl!“ – „Danke, dass es dich gibt!“ – „Wie schön, dass du mir sagst, wenn was nicht stimmt.“ – „Ich bin so froh, dich zu haben!“ – „Spannend, was das mit mir macht und was sich da alles in mir bewegt!“ usw.

      „Ich will diese Gefühle nicht haben!“

      Früher hatte ich bei diesen Sätzen ganz große Widerstände und rief entsetzt aus: „Aber das stimmt doch nicht, das rede ich mir doch nur ein! In Wirklichkeit will ich das Gefühl weghaben!“

      Meine heutige Antwort: „JA! So ist es! Genauso wie wir uns alle anderen Glaubenssätze auch eingeredet haben. Genauso wie wir uns eingeredet haben, dass manche Gefühle ‚schlecht’ oder ‚schlimm’ sind und man sie wegmachen muss. Nur dass ich mich dieses Mal bewusst dazu entscheide, mir etwas einzureden, das mir hilft, ein glücklicheres, erfüllteres Leben zu führen.“

      Wenn ich meine alten, nicht mehr dienlichen Glaubenssätze durch neue, mir sehr dienliche Aussagen ersetze, kann ich mein Gehirn ganz bewusst neu konditionieren. Henry Ford sagte mal „Ob du denkst, du kannst es, oder du kannst es nicht, du hast auf jeden Fall recht!“ und genau das lässt sich auch auf die Gefühle beziehen. Wenn ich glaube, dass sie schlimm und schlecht sind und mich auf meinem Weg nur blockieren, werde ich sie so empfinden und sie werden mir immer ein Klotz am Bein sein. Wenn ich sie aber dankbar und neugierig als Wegweiser, als Freund, als Partner deklariere, der mich schützen und in ein erfülltes Leben leiten will, werde ich lernen, genau das zu fühlen, und es wird sich bewahrheiten.

      Wenn du Zweifel an der Übung hast oder dabei merkst, dass du noch immer die Gefühle weghaben willst, dann schau dir doch auch das mal liebevoll an. Beobachte dich und dein Inneres und sage so etwas wie: „Ah, ist ja spannend, da ist ein Teil in mir, der will das alles gar nicht fühlen. Wo spüre ich denn den? Ah, da ist so ein heißes Ziehen im Brustbereich und so ein Drücken in der Magengegend. Hallo, Drücken und Ziehen, ich höre euch und euren Wunsch, diese Übung abzubrechen. Ihr dürft sein, und ihr dürft das wollen. Herzlich willkommen. Danke, dass ihr da seid!“

      Nur weil wir etwas fühlen, müssen wir diesem Gefühl nicht gleich nachgeben. Aber es ist nicht umsonst da! Es hat einen Grund, meist sogar einen, der für uns gerade sehr relevant sein könnte! Wenn wir es schaffen, alle Anteile in uns wirklich achtsam anzuhören, zu spüren und anzunehmen, kann eine wundersame Ganzheitlichkeit und Verbindung zu uns selbst entstehen, die uns die Angst vor den eigenen Gefühlen nimmt und uns ihre Kraft und Weisheit wieder zugänglich macht.

      Mit Liebe und Annahme zum Wandel

      Die wohlwollende und liebevolle Haltung wird langsam zu meiner Grundeinstellung und ich kann endlich wieder erkennen, dass Gefühle mich schützen wollen und meine Freunde sind. Ich fürchte mich nicht mehr vor ihnen, sondern kann endlich lernen, ihre wichtigen Botschaften zu hören. Ich lerne, zu entschlüsseln, worauf sie mich hinweisen wollen, und kann mein Leben in eine Richtung gestalten, die mit mir im Einklang ist. Das Gefühl wird zum Wegweiser, zum Partner, zum Freund, der mich mahnt, wenn ich von meinem Weg abkomme, und mich unterstützt, mich wieder zu orientieren.

      Das paradoxe an der ganzen Sache ist: Solange ich noch versuche, es wegzumachen oder zu verändern, wird es bleiben, aber sobald ein Gefühl vollständig gehört und angenommen wurde, kann es sich verändern. (Wenn ich natürlich nur so tue, als würde ich es annehmen, um es wegzumachen, dann hat das wenig Sinn).

      Einladung

      Wenn du also mal wieder genervt, getriggert, voller Angst oder Sorge bist usw., dann schau doch einfach mal hin. Sag freundlich „Hallo!“ zu allen Gefühlen und Stimmen in dir, sieh hin, wo sie sich im Körper bemerkbar machen – ist doch spannend! – und schenke dem am Ärmel zupfenden Kind Aufmerksamkeit. Oft reicht es, wenige Male eine halbe bis eine Minute am Tag achtsam hinzusehen, um die Verbindung und deine Einstellung massiv zu stärken. Denke so oft du kannst „Was da ist, darf da sein!“ – „Wie schön, dass du da bist!“– „Interessant, was das alles so in mir macht!“ und beobachte dich selbst neugierig und liebevoll.

      Es braucht seine Zeit!

      Denk daran: Du hast schon hunderttausende Male Glaubenssätze in die Richtung „Solche Gefühle will ich nicht fühlen!“ gedacht – es dauert also seine Zeit, bis sich ein neuer, lebensdienlicher Glaubenssatz in deinem Unterbewusstsein festigt.

      Unsere Gefühle sind der wahrhaftige Weg zum Wissen.
      – Audre Lorde

      Das Annehmen der eigenen Gefühle gehört zur wesentlichen Haltung der Gewaltfreien Kommunikation. Wenn du mehr über diese Haltung lernen und ihr näher kommen möchtest, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ein paar habe ich dir hier zusammengestellt:

      Kein Mensch muss! – Verantwortung und Freiheit durch GFK

      Das Wörtchen „muss“ verwenden wir im alltäglichen Sprachgebrauch andauernd. Ich höre und sage selbst ständig so was wie „Ich muss noch die Wäsche machen!“– „Heute Abend muss ich zu dem Treffen gehen!“ – „Ich kann nicht, ich muss heute arbeiten!“ usw.

      Aber müssen wir das denn wirklich alles tun?

      Ich behaupte:
      Wir müssen gar nichts, außer irgendwann sterben!

      Gewagte Aussage, ich weiß. In der GFK gilt: Jeder ist für seine Gefühle, Bedürfnisse, Gedanken und Handlungen selbst verantwortlich. Und ich teile diese Ansicht. Ich erkläre euch gerne, warum ich so denke. Zunächst ist es allerdings wichtig, zu verstehen, wie „muss“-Situationen zustande kommen.

      Was passiert denn eigentlich in uns, wenn wir denken, wir müssten etwas?

      Nehmen wir ein alltägliches Beispiel: „Ich muss noch die Küche aufräumen! *seufz*“

      Ich sehe die chaotische Küche und merke, wie sich alles in mir sträubt, sie aufzuräumen. Der Grund sind Bedürfnisse, die sich da zu Wort melden: Ich will eigentlich meine Ruhe haben, ein bisschen sorglos entspannen, Spaß haben, vielleicht Kontakt zu anderen haben, indem ich chatte oder zu meinen Freunden fahre usw.

      Dann denke ich jedoch daran, welche Konsequenzen es hätte, die Küche nicht aufzuräumen:
      – Meine Mutter rastet dann aus und gibt mir Hausarrest!
      – Mein Partner wird mich anmeckern und mir vorwerfen, nie was zu machen.
      – Ich lebe dann in einer Wohnung, in der es aus der Küche stinkt und ich mir kein Essen zubereiten kann, weil überall Zeug herumsteht.

      Diese Konsequenzen gefallen mir nicht besonders. Warum? Aufgrund von anderen oder auch denselben wesentlichen Bedürfnissen, die ich dann unerfüllt vermute. Ich wünsche mir Harmonie, Ordnung, Sauberkeit, Ruhe, Freiheit usw. und gehe davon aus, dass diese nicht erfüllt sind, wenn ich die Küche nicht aufräume.

      Deshalb entscheide ich mich dafür, die Küche aufzuräumen, habe aber immer noch keine Lust auf die Tätigkeit selbst und behaupte daher: „Ich muss die Küche aufräumen!“

      Soweit erst mal die Aufschlüsselung der Situation.

      Warum ist denn aber überhaupt etwas daran auszusetzen, zu behaupten, ich müsse die Küche aufräumen?

      Wenn ich mit dieser Einstellung reingehe, leugne ich nicht nur meine eigene Freiheit, selbst zu entscheiden, was ich tue, sondern ich leugne damit auch die Verantwortung für meine Handlungen.

      Abgesehen davon, dass ich gerade, wenn ich etwas „muss“, null Bock darauf habe und es nur mit absolut schlechter Laune halbherzig erledige, ist es extrem gefährlich, wenn Menschen Verantwortung leugnen.

      ein krasses Beispiel, um das zu veranschaulichen: Die Nazizeit

      Wie viele Menschen haben anderen die grauenvollsten und schrecklichsten Dinge angetan und dann begründet: „Ich musste es tun! Es wurde mir befohlen! Das kam direkt von oben, ich hatte keine Wahl!“

      Wenn Menschen nicht selbst die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen, dann rechtfertigen sie Handlungen, die sie sonst mit sich selbst niemals vereinbaren könnten. Sie verstecken sich hinter Formulierungen, die jede Verantwortung negieren: „Das gehört sich so!“, „Das macht man so!“ oder „Befehl von oben, da kann man nichts machen!“

      Die Wirklichkeit sieht für mich jedoch ganz anders aus: Jeder Mensch hat IMMER eine Wahl, wie er denkt, fühlt und handelt.

      Jetzt kommt vielleicht bei euch der Einwand auf: „Ja aber manchmal hat man eben keine Wahl!“ – auch das sehe ich anders.

      Warum man immer eine Wahl hat

      Wenn mir jemand eine Pistole an den Kopf hält und sagt, ich solle jemand anderen umbringen, sonst müsste ich selbst sterben, dann habe ich immer noch die Wahl, es zu tun oder es zu lassen. Wenn ich mir ziemlich sicher bin, dass ich sterbe, wenn ich es nicht tue, entscheide ich mich vielleicht dafür, der Forderung nachzukommen, weil mir dieser Preis zu hoch ist. Dann trage ich die Verantwortung für dieses Handeln, denn ich habe mich – aus meinen eigenen Bedürfnissen heraus – dafür entschieden, es zu tun.

      Ich möchte das nicht bewerten, es geht nicht darum, ob das gut oder schlecht ist. Ich will nur sagen: Es ist eine Wahl, die ich treffen kann! Ich bin für meine Handlungen verantwortlich! Es geht auch nicht um Schuld. Es geht darum, dass ich immer frei entscheiden kann, was ich tue, auf Basis meiner eigenen Bedürfnisse.

      Ich vermute, dass das mit vielen Gedanken kollidiert, die mit polarisierendem Denken zu tun haben wie „Richtig und Falsch“, „Gut und Böse“ und mit dem Konzept der Schuld. Diese Konzepte werden in der GFK anders betrachtet. Dort gibt es keine Schuld, kein Richtig und kein Falsch, daher lade ich dazu ein, die Suche nach der Schuld und Bewertungen nach richtig und falsch momentan beiseite zu lassen, da es hier gerade nicht darum geht, dies zu bewerten.

      So gesehen ist jeder für seine Handlungen verantwortlich. Die Person, die mich bedroht, ist für ihre Handlungen verantwortlich. Ich bin für meine Handlungen verantwortlich. Ich kann mein Handeln aus Basis meiner Bedürfnisse und der zu erwartenden Konsequenzen selbst wählen, niemand steuert mich.

      So hätten auch die Menschen in der Nazizeit sagen können: „Ich entscheide mich, das zu tun, weil ich Angst um mein Leben habe, wenn ich es nicht tue.“ Die Handlung wäre dieselbe gewesen, aber sie hätten die Verantwortung übernommen. Vielleicht hätten sie aber auch gemerkt, wie wenig sie die Handlung ausführen mögen und wenn sie bewusst gehabt hätten, dass sie eine Wahl haben, hätten sie sich vielleicht anders entschieden und einen anderen Weg gefunden.

      Letztendlich bin ich mir sicher, dass mit einer bedürfnisbasierten, eigenverantwortlichen Haltung sehr viel Leid hätte verhindert werden können ­– auch von Menschen, die am unteren Ende der Befehlskette standen.

      Die Vielfalt der Möglichkeiten erkennen

      Zunächst ist mir ganz wichtig, dass wir uns unsere Entscheidungsfreiheit klar machen!

      Wir müssen gar nichts und können selbst entscheiden, wie wir handeln. Niemand hat so eine Macht über uns, dass er uns unsere Freiheit, über unsere Handlungen zu entscheiden, nehmen könnte. Wir sind frei und stark und können unsere Handlungen wählen. Es gibt immer mehr als eine Möglichkeit!

      Wie aber finden wir andere Möglichkeiten?

      Wenn wir uns unserer Bedürfnisse bewusst werden, die mit einer bestimmten Handlung erfüllt oder unerfüllt sind, dann können wir viel besser verstehen, was in uns vor sich geht. Wir können erkennen, dass es uns bspw. um Sicherheit geht oder um den Schutz des eigenen Lebens oder um Hoffnung, Zuversicht, Vertrauen usw.  

      Wenn ich um meine Entscheidungsfähigkeit und meine Verantwortung weiß und mir meiner Bedürfnisse bewusst bin, finde ich immer mehrere Wege!

      Im drastischen Fall mit der Pistole könnte ich mich zum Beispiel dazu entscheiden, mit dem Menschen, der mir die Pistole an den Kopf hält, zu sprechen. Zu fragen, was er sich davon erhofft, ihm Empathie geben, ihm andere Möglichkeiten vorschlagen usw. Ich könnte anfangen zu beten, zu singen, zu weinen. Ich könnte versuchen, ihn anzugreifen, auszuweichen oder zu betteln. Klar, ob dadurch unser Leben verschont wird, wissen wir nicht.

      Was ich zeigen möchte: Wir können uns eben entscheiden, wie wir handeln wollen. Wenn mir die Sicherheit, am Leben zu bleiben, wichtiger ist als alles andere, und ich die Situation so einschätze, dass der Drohende sehr wahrscheinlich abdrückt, wenn ich nicht sofort seine Forderung erfülle, werde ich es auf Basis dieses Sicherheitsbedürfnisses vielleicht tun, was er verlangt. Auch das ist eine Entscheidung, die ich treffen kann. Nur ist es eben nicht die einzige. 

      Was bedeutet das für mich?

      Du entscheidest selbst, ob du deine Hausaufgaben machst, ob du im Haushalt hilfst, zur Arbeit oder zur Schule gehst und wie du deine Zeit gestaltest. Klar, es gibt Situationen – wie in dem Beispiel mit der Pistole drastisch gezeigt –, wo dir die Konsequenzen so gar nicht gefallen, die du erwartest, wenn du etwas nicht tust, wenn du z.B. einfach nicht zur Schule gehst. Wie du damit umgehen kannst, dazu gleich mehr.

      „Müssen“ belastet und raubt uns die Lebenskraft

      Zu behaupten, dass wir dies „müssen“, mag nicht so dramatische Auswirkungen haben wie in dem Beispiel in der Nazizeit. Dennoch ist es eine Sichtweise, die uns unglücklich macht und uns vorgaukelt, wir wären unfrei und gefangen in unseren Pflichten, andere wären für unsere Handlungen, Gefühle, Gedanken und Bedürfnisse verantwortlich und wir wären Opfer unserer Umstände. Das macht unglücklich und schwach. Wenn wir so denken, sind wir immer davon abhängig, was von außen kommt, und können nur darauf reagieren.

      Ich bevorzuge die Haltung, dass ich frei über mein eigenes Leben bestimmen kann, für meine Gefühle, Gedanken, Bedürfnisse und Handlungen selbst verantwortlich bin und immer auf Basis meiner Bedürfnisse kraftvolle Entscheidungen treffen kann.

      Ich kann vielleicht nicht immer alle Bedürfnisse vollends erfüllen, aber ich kann mir klar machen, welche sich erfüllen und mir überlegen, wie ich die anderen auf andere Weise erfüllen kann.

      Im Falle der Küche würde das so aussehen:

      „Hm, ich habe eigentlich gar keine Lust dazu, da jetzt aufzuräumen. Ich würde total gerne entspannen und am liebsten nur auf der Couch netflixen. Ich weiß, wenn ich jetzt die Küche nicht aufräume, kann ich mir nachher kein Abendessen machen. Ich hätte aber gerne später, wenn ich hungrig bin, die Leichtigkeit, sofort kochen zu können. Außerdem würde ich mich gerne wieder wohlfühlen und würde meine freie Zeit gerne entspannt genießen, ohne an Verpflichtungen zu denken. Wenn ich also jetzt die Küche aufräume, habe ich nachher die Leichtigkeit, Entspannung und Wohlfühlatmosphäre, die ich mir wünsche.“

      So oder so ähnlich kann ich mich frei dazu entscheiden, die Küche aufzuräumen.

      Das Fazit besteht dann darin, dass ich mir vor Augen führe, welche Bedürfnisse sich durch das Aufräumen der Küche erfüllen und ich mir damit klarmache, was es mir nützt. Mein Fokus ist auf den positiven Auswirkungen der Handlung, auf der Erfüllung meiner Bedürfnisse, die ich dadurch erreiche.

      Dadurch entsteht eine ganz andere Haltung dazu, als wenn ich behaupte, ich müsste es tun, und mich damit auf meine unerfüllten Bedürfnisse, also auf den Mangel, konzentriere.

      Außerdem kann ich mir überlegen, wie ich die Bedürfnisse, die durch das Aufräumen zu kurz kommen, wie bspw. Entspannung, anders erfüllen kann. In meinem Beispiel wäre es nur aufgeschoben und ich habe mir klar gemacht, dass meine Entspannung nachher viel größer sein wird, wenn ich die Küche aufgeräumt habe. Damit habe ich das Bedürfnis bereits berücksichtigt. Vielleicht sehne ich mich auch nach Spaß und Leichtigkeit, dann kann ich mir überlegen, wie das Kücheaufräumen mehr Freude bringen kann. Ich kann zum Beispiel meine Lieblingsplaylist voll aufdrehen und mir das Aufräumen angenehm gestalten.

      Vielleicht finde ich beim Ausloten meiner Bedürfnisse auch heraus, dass ich gerade die Küche wirklich gar nicht aufräumen mag, weil mir die Bedürfnisse nach Entspannung und Spaß gerade viel wichtiger sind. Wenn ich mir meiner Bedürfnisse bewusst bin, die sich dadurch aber nicht erfüllen, kann ich entsprechend handeln:

      Ich kann z.B. mit meinem Partner oder meiner Mama vereinbaren, dass sie/er heute die Küche aufräumt und ich dafür am Wochenende im Garten helfe oder ihm/ihr ein essen ausgebe oder …

      Wie kannst du dein nächstes „Muss“ verwandeln?

      Selbst wenn du jetzt mit allem einverstanden bist, was ich geschrieben habe, so hast du doch in deinem Leben so viele Hunderttausende Male „muss“ gedacht, dass du so einfach nicht aus diesem Denken entkommen kannst.

      Du kannst aber nach und nach lernen, dir ein gedankliches oder ausgesprochenes „muss“ bewusst zu machen und es zu übersetzen. Dadurch festigst du die neue Sichtweise mithilfe der Sprache und wirst irgendwann immer mehr „muss“ durch eine freie, verantwortungsvolle Aussage ersetzt haben.

      Wie geht das?

      Probiere doch mal aus, für jedes „Muss“ eine Formulierung zu wählen, die deine damit erfüllten Bedürfnisse oder Ziele einschließt.

      Möglichkeiten dafür sind z.B. :

      „Ich entscheide mich, X zu tun, weil ich Y möchte.“
      „Ich will noch X erledigen, weil mir Y wichtig ist.“
      „Ich werde lieber X, denn dann Y.“

      Tipp: Versuche dabei, positiv zu formulieren, also Wörter wie „nicht“ und „kein“ wegzulassen und lieber zu sagen, was stattdessen erfüllt ist oder passiert.

      Beispiele:

      „Ich entscheide mich dazu, meine Hausaufgaben zu machen, weil ich weiß, dass ich danach entspannter feiern kann und wirklich meine Ruhe habe!“

      „Ich möchte noch einkaufen gehen, ehe ich netflixe, weil ich dann später genug zu Essen im Haus habe und mir mein Lieblingsgericht kochen kann!“

      „Ich esse jetzt lieber einen Apfel statt Schokolade, weil mir wichtig ist, gut auf meine Gesundheit zu achten und ich mich dann auch wohler in meinem Körper fühle.“

      „Ich mache mein Studium fertig, weil ich so Lust auf den Job habe, den ich danach machen kann! Da bin ich dann finanziell abgesichert und sehe gleichzeitig die Sinnhaftigkeit meiner Tätigkeit!“

      „Ich gehe zur Arbeit, weil ich wirklich möchte, dass meine Familie und ich finanziell abgesichert sind.“

      Zusammenfassung, was du tun kannst, wenn du „musst“:

      1. Aha, da hab ich ‚muss‘ gedacht. Muss ich denn wirklich?

      2. Nein, ich habe immer die Wahl. Ich bin frei und dafür verantwortlich, was ich denke, sage, tue und fühle.

      3. Hmmm, welche Bedürfnisse wären denn durch die Handlungen, die zur Auswahl stehen, erfüllt oder unerfüllt? Was würde es mir bringen, so oder so zu handeln?

      4. Ich merke, ich mag auf jeden Fall so und so handeln, weil dann folgende Bedürfnisse erfüllt oder Ziele erreicht wären: …

      5. Wenn ich so handle, sind aber noch folgende Bedürfnisse unerfüllt: …
      Wie kann ich sie auch berücksichtigen? Indem ich mich danach um ihre Erfüllung kümmere? Kann ich ihre Erfüllung integrieren? Kann ich jemanden bitten, etwas zu tun oder eine Vereinbarung treffen, die es mir erleichtert? usw.

      Wenn du merkst, dass du etwas wirklich so GAR nicht machen willst, überlege dir wirklich genau, ob es nicht einen anderen Weg gibt! Meistens gibt es einen und du hast ihn nur noch nicht gesehen. Rede am besten mit anderen darüber, von denen du denkst, dass sie gute Ideen haben könnten oder offen dafür sind.

      Oder schreibe mir einen Kommentar, vielleicht kann ich dir helfen!
      (Übrigens wird dein Kommentar auch abgeschickt, wenn du keinen Namen und/oder keine Email-Adresse angibst!)

      Wenn du wirklich tiefer in die Haltung der GFK einsteigen und sie verinnerlichen lernen willst, dann nutze gerne eines meiner Angebote:

      Wie Sprachbewusstsein dein Leben verändern kann …

      Wenn du Gewaltfreie Kommunikation zum ersten Mal hörst, denkst du vielleicht so etwas wie: „Das bedeutet, nicht zu beleidigen, nicht handgreiflich zu werden und keinen anzuschreien.“ oder so ähnlich. Vielleicht verbindest du Gewaltfreie Kommunikation auch mit Höflichkeit, damit, nett zu sein, keine Schimpfwörter zu verwenden oder damit, nicht zu streiten und Konflikte immer sachlich und freundlich zu lösen. Oder assoziierst du es vielleicht sogar mit Rhetorik-Training, bei denen Vertreter beigebracht kriegen, wie sie KundInnen so belabern können, dass diese ihr Produkt kaufen? Also Manipulation, Psychotricks und Schmeichelei zum eigenen Vorteil? Die Sprache aufhübschen, ordentlich und angenehm sprechen, sodass man auf andere anziehender, sympathischer, intelligenter oder überzeugender wirkt?

      Ich möchte dir so viel schon mal verraten: Nichts davon hat mit Gewaltfreier Kommunikation (= GFK) zu tun.

      Es wird keine kosmetischen Veränderungen an der Sprache geben, du wirst nicht lernen, Menschen zu manipulieren oder Konflikten aus dem Weg zu gehen. Du lernst auch kein striktes Regelwerk, bei dem du dich an irgendwas halten musst.

      Du kannst eben gerade durch das Erlernen der GFK selbst aussuchen, wie du reden magst, weil du dir dessen viel bewusster wirst!

      Bevor ich dir aber erkläre, was Gewaltfreie Kommunikation ist, möchte ich eine Frage klären:

      Warum sollte ich mich überhaupt mit meiner Sprache beschäftigen?

      „Ich spreche halt wie ich spreche, Ende der Geschichte!“

      Du ahnst vermutlich schon, dass es so einfach dann doch nicht ist. Sprache ist mächtig und wirkt auf unsere Gedanken und unsere Perspektive der Welt, die wiederum unsere Handlungen bestimmen.

      Sprache hat einen massiven Einfluss auf unser Weltbild.

      Nehmen wir als Beispiel mal ein Phänomen, das die Wirkung von Sprache auf das Denken besonders gut zeigt: Die Metapher.

      Eine Metapher ist ein sprachliches Bild, bei dem etwas Abstraktes mithilfe von etwas Konkretem anschaulich dargestellt wird.

      Ein Beispiel: „Zeit ist Geld.“
      Es gibt diesen expliziten Satz dazu, aber auch viele Sätze, die dasselbe unbemerkt voraussetzen, wie die Aussprüche „Zeit investieren“, „Zeit verschwenden“, „Zeit schenken“, „Zeit stehlen“, „Zeit sparen“ usw. Alle diese Sätze gehören zu der Metapher und stellen Zeit so dar, als wäre sie Geld, damit wir uns dieses abstrakte Konzept „Zeit“ besser vorstellen können. Natürlich ist Zeit nicht dasselbe wie Geld, das wissen wir, wenn wir uns bewusst damit beschäftigen. Aber so komplexe, unsichtbare oder abstrakte Konzepte wie Zeit können wir nur durch Metaphern wirklich begreifen. An sich ist das also ein wertvolles Werkzeug, um Abstraktes vorstellbar zu machen und darüber nachdenken zu können.

      Gleichzeitig ist es einseitig und beleuchtet nur eine mögliche Sichtweise auf ein viel komplexeres, größeres Konzept. Zeit ist nun mal nicht Geld, aber wenn wir diese Metapher stark verinnerlicht haben und nicht hinterfragen, könnte sie sich unbewusst auf unsere Weltsicht und damit unsere Handlungen übertragen: Wir versuchen, Zeit zu sparen, Zeit immer sinnvoll zu investieren, keine Zeit zu verschwenden usw. und merken gar nicht, dass Zeit sich insgesamt völlig anders verhält als Geld.

      Um die Folgen dessen begreiflich zu machen, werden wir uns eine Metapher ansehen, die vermutlich jeder Deutsche schon zig Mal in den Medien gehört hat:

      Die Flüchtlingswelle

      In den Medien ist seit einigen Jahren immer wieder über die Tatsache, dass vermehrt Flüchtlinge aus verschiedenen Krisengebieten zu uns nach Deutschland kommen, mit dieser Metapher gesprochen worden und dabei wurde ebenfalls häufiger so etwas gesagt wie „Das Boot ist voll!“ 

      Was ist daran problematisch?

      Sprachliche Bilder erschaffen visuelle Bilder im Kopf, die an Emotionen gekoppelt sind.

      Auf dieses Beispiel bezogen: Wie stellen wir uns eine Flutwelle vor? Wie eine riesige, bedrohliche Naturkatastrophe, die unaufhaltsam alles unter sich begräbt. Wir alle kennen die Bilder von Leid nach einer Flutwelle aus den Medien. Es werden ganz unterbewusst diese Bilder getriggert und damit tiefliegende Existenzängste in uns erweckt. Nun stellen wir uns dazu vor, dass Deutschland ein kleines Boot ist, bis zum Rand gefüllt mit Menschen. Es ist kein Schiff, kein Kreuzer, keine Yacht, sondern ein Boot. Automatische Assoziation: eng, klein, gebrechlich, schutzlos. Und dort sitzen wir Deutschen metaphorisch drin, während diese gigantische Flüchtlingswelle auf uns zurollt. Was weckt das für Emotionen?

      Metaphern bewirken, dass wir unterbewusst die Eigenschaften des Bildlichen auf das, was es beschreiben soll, übertragen.

      Wir denken also:

      Flutwelle = beängstigend, unaufhaltsam, grauenvoll, Leid, lebensbedrohlich, gigantisch

      und übertragen dank der ständig verwendeten Metapher diese Eigenschaften darauf, dass Flüchtlinge zu uns nach Deutschland kommen. Währenddessen denken wir womöglich noch:

      Boot = gebrechlich, klein, überfüllt, unsicher, eng, begrenzte Ressourcen, empfindliche Balance

      und übertragen diese Eigenschaften auf Deutschland. Damit ist das Bild komplett und Flüchtlinge werden unterbewusst mit einer Bedrohung unseres scheinbar empfindlichen und gebrechlichen Deutschlands und unserer eigenen Leben verknüpft.

      Was in diesem Bild keinerlei Platz hat, ist, dass Flucht Ursachen hat und nicht einfach so „über uns hereinfällt“. Dass es keine Naturkatastrophe ist, sondern durch Krieg und ungerechte Ressourcenverteilung entsteht. Dass diese „Welle“ aus einzelnen Individuen besteht, die schreckliche Schicksale hinter sich haben und ihre Heimat verlassen, weil sie sich eine bessere, sicherere Zukunft erhoffen. Dass Deutschland ein reiches, starkes Land ist mit ausreichend Ressourcen und Platz und dass kein Deutscher sterben muss, nur weil Menschen hierher flüchten.

      Die Metapher löst Assoziationen aus, die die Wirklichkeit nur einseitig, ausschnitthaft oder verzerrt darstellen. Dennoch werden sie in uns geweckt und solange wir sie nicht hinterfragen und ihnen ausgesetzt sind, wird sich dieses Bild mit samt all den Assoziationen festigen und unsere Weltsicht unbemerkt prägen. 

      Im Alltag ist alles voll von Metaphern und anderen sprachlichen Mustern, die solche Prozesse in uns auslösen. Sprache hat also einen riesigen Einfluss darauf, wie wir die Welt wahrnehmen und entsprechend auch auf unsere Handlungen.

      Andersherum spiegelt Sprache auch unsere Weltsicht nach außen.

      So wie wir reden, denken wir auch oft. Klar, oder? Wenn ich von meiner Mutter erzähle, habe ich tausende Möglichkeiten, wie ich das tue. Ich kann sagen: „Meine Mutter“, „Meine Mama“, „Mami“, „Meine Alte“ oder „Die olle Giftspritze“. Was ich auch sage, es zeigt meine innere Einstellung ihr gegenüber – ob ich das nun bewusst mache oder nicht.

      Letztendlich beeinflussen sich also Sprache und Weltsicht ständig gegenseitig.

      Sprache ist notwendig, um komplexe Gedankengänge durchzuführen und mit anderen zu teilen. Ein Großteil der Gedanken, also der Kommunikation mit mir selbst, sowie der Kommunikation mit anderen Menschen ist sprachlich. Sprache ist überall und hat einen großen Einfluss auf uns und andere – daher macht es Sinn, sich mal bewusst mit der eigenen Sprache zu beschäftigen, wenn wir wirksam, selbstverantwortlich und frei leben wollen.

      Was hat GFK damit zu tun?

      GFK beinhaltet auch diese beiden Seiten. Die Sprache besteht im Wesentlichen aus den vier Schritten der GFK. Es gibt aber auch eine bestimmte Haltung, also eine Weltsicht und eine bestimmte Einstellung, die hinter der Sprache steht und im Gegenzug nutzen dir die vier Schritte, also die sprachliche Form, diese Haltung zu zeigen und auszudrücken.

      Die sprachliche Form und die Haltung beeinflussen und begünstigen sich gegenseitig. Ohne die Haltung wirkt die Form künstlich und die meisten Menschen haben den Eindruck, manipuliert zu werden. Deshalb lernst du in der GFK nicht nur die Sprache, sondern zu allererst, welche Haltung hinter der Form steht.

      Ich hatte dir ja anfangs gesagt, dass GFK dazu beiträgt, dass du dir bewusster wirst und selbst entscheiden kannst, wie du reden magst. Ich hoffe, du bist inzwischen der Ansicht, dass es absolut wichtig und sinnvoll ist, seine eigene Sprache zu hinterfragen. Wie du das mithilfe der GFK lernen kannst, möchte ich dir jetzt kurz erklären.

      Ganz allgemein gesagt lernst du durch GFK ein Sprachmuster, das dir hilft, andere Blickwinkel einzunehmen, deine Weltsicht zu erweitern und bestimmte Dinge klarer zu unterscheiden, die du jetzt vermutlich noch häufig vermischst. Das hilft dir, bewusster zu sprechen und dir aussuchen zu können, welche Sichtweise und Sprache du wählen willst.

      Das ist jetzt vielleicht etwas abstrakt, daher werde ich versuchen, es konkreter zu benennen. Du lernst in der GFK, …

      • deine eigene Sprache und deine Haltung im Gespräch zu reflektieren und dir klar zu werden, wie du mit anderen und dir selbst sprichst.
      • etwas über die Wirkung von verschiedene Arten des Sprechens auf Menschen und neue Möglichkeiten, dich auszudrücken und die Welt zu betrachten.
      • gewisse Unterscheidungen kennen wie z. B., was eine echte Bitte von einer Forderung unterscheidet. (Spoiler: Es macht nicht das Wort „Bitte!“)
      • ein Weltbild kennen, das es dir leichter macht, zu verstehen, warum Menschen etwas tun und warum du selbst auf bestimmte Weise handelst.
      • weiter zu denken als „richtig“ und „falsch“ oder „gut“ und „böse“. Du wirst sehen, dass diese Konzepte uns oft blockieren und nicht immer sinnvoll sind, daher ist es gut, wenn du sie hinterfragen und durch konstruktivere, ganzheitlichere Bewertungsmuster ersetzen kannst.
      • wie du dich losmachen kannst von den Ketten deiner unterbewussten Gewohnheiten und damit die Freiheit erlangst, dich bewusst zu entscheiden, wie du sprechen, denken, fühlen und handeln möchtest.
      • eine neue Sichtweise auf das Prinzip der „Schuld“ kennen, die konstruktiv und möglichst ganzheitlich ist.
      • wie du es anderen leicht machen kannst, deine Wünsche zu hören und dazu beizutragen.
      • wie du deine Gefühle und Bedürfnisse authentisch, ehrlich und vollständig ausdrücken kannst und von anderen wahrscheinlich Verständnis und Bereitschaft, dich zu unterstützen, erntest.
      • Konflikte konstruktiv auszutragen, also so, dass du wirklich gehört und verstanden wirst und du den anderen verstehen kannst, auch wenn ihr unterschiedlicher Meinung seid – und am Ende eine tiefere Verbindung und gegenseitige Kooperationsbereitschaft entstehen kann.

      GFK ist also keine oberflächliche Sprachkorrektur, sondern zeigt dir neue Sichtweisen, die sich dann auf deine Sprache auswirken. Du lernst aber auch, wie du deine neue Sichtweise dann sprachlich authentisch ausdrücken kannst.

      Für mich hat GFK mein Leben drastisch verändert:

      Ich hatte mein Leben lang Depressionen und die GFK war der ausschlaggebende Punkt, wie ich lernen konnte, damit anders umzugehen. Noch immer habe ich hin und wieder Tage, an denen ich kraftlos und müde bin, aber ich bin nicht mehr hilflos. Ich habe gelernt, die Welt auf andere Weise zu betrachten, neue Gedanken zu denken und kann mich jederzeit entscheiden, ob ich in mein altes Depressionsmuster fallen oder konstruktiv und liebevoll mit meinen Gefühlen umgehen mag.

      Ich habe auch endlich gelernt, mich selbst besser zu verstehen, meine Bedürfnisse zu erkennen und aktiv zu ergründen, wie ich sie erfüllen kann. Ich bin nicht mehr Sklavin meiner Schwankungen, sondern gestalte mein Leben und auch meine Gefühle selbst aktiv und bewusst!

      Tagtäglich erlebe ich durch die GFK etwas, das bis dahin für mich völlig unvorstellbar war: Ich bin frei, sicher und mächtig.

      Wenn du dich jetzt entscheidest, aktiv deine eigene Sprache und damit auch deine Weltsicht und dein Handeln zu hinterfragen, es aktiv zu beeinflussen und bewusst zu gestalten, dann lade ich dich ein, in meine Angebote zu schauen und dich in einem meiner Seminare inspirieren zu lassen!

      Alle wollen die Welt verändern, aber niemand sich selbst. (Leo Tolstoi)
      Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst in der Welt. (Mahatma Gandhi)

      Wenn du bis hierhin Fragen, kritische Anregungen, Ideen, eine Meinung oder sonstige Kommentare hast, dann schreib doch gerne einen Kommentar. War es verständlich für dich? Macht es aus deiner Sicht Sinn? Ist das alles überhaupt nichts Neues für dich? Ich bin gespannt!