Folge 21: Was genau ist Empathie nach GFK?

Du erinnerst dich vielleicht daran, dass wir uns in der GFK mit zwei Seiten beschäftigen: dem ICH und dem DU. Wir haben uns bisher viel mit der Ich-Seite befasst, also dem, wie ich das, was in mir ist, verstehen, damit umgehen und bei Bedarf auch ausdrücken kann. Nun möchte ich dir die andere Seite näherbringen, die DU-Seite, also sozusagen das HÖREN „mit Giraffenohren“ (= GFK-Ohren).

Dabei geht es vor allem um Empathie. Wie also kannst du empathisch hören, was andere Menschen sagen, egal was sie sagen oder wie sie es tun? Wie sieht die empathische GFK-Haltung anderen Menschen gegenüber überhaupt aus?

Bevor wir uns damit befassen, möchte ich in diesem und dem nächsten Blogartikel zunächst die Frage klären, was Empathie nach GFK ist, und sie in einer weiteren Grundunterscheidung von einigen anderen Haltungen und Reaktionen abgrenzen, mit denen sie häufig verwechselt wird. In diesem Blogartikel bekommst du eine Definition und Erklärung zu Empathie und im nächsten wird durch eine interaktive Übung und Beispiele die Abgrenzungen noch klarer.

Das ist ja gar keine Empathie!“

Das Verwirrende an Empathie nach GFK ist: Ich und scheinbar auch viele andere Menschen haben etwas als „Empathie“ gelernt, was wir in der GFK „Sympathie“ nennen. Ich selbst habe mich immer für einen empathischen Menschen gehalten und gedacht, das wäre ganz leicht für mich. Als ich dann Empathie nach GFK kennengelernt habe, bemerkte ich, dass ich nicht in der Haltung der Empathie war und diese sogar ziemlich neu für mich war. „Das ist ja gar keine Empathie, was ich da gebe.“ Ich musste tatsächlich erst lernen, was es heißt, eine wirklich empathische Haltung einzunehmen.

Was aber ist der Unterschied zu dem, was ich vorher kannte? Dem, was ich jetzt „Sympathie“ nenne?

Erinnere dich mal an eine Situation, in der ein Freund oder eine Freundin mit einem Schmerz zu dir kam. Wie hast du reagiert? Was hast du gesagt? Was hast du getan? Wie hat sich das angefühlt? Wolltest du etwas verändern? Was war deine Intention, als du mit der Person gesprochen hast?

Sympathie in der GFK

Das Wort „Sympathie“ wird ebenfalls anders verwendet als das, was wir kennen. Ich muss einen Menschen nicht sympathisch finden, also mögen, um ihm Sympathie entgegenzubringen. Vielleicht kann ich dir mit einigen Beispielen beschreiben, was mit einer Sympathie.Reaktion gemeint ist.

Sympathie enthält die meisten Reaktionen auf Schmerz, die ich kennengelernt habe: Wird schon wieder. – Kopf hoch. – Du siehst das zu schwarz. – Das ist ja wirklich schrecklich, du Arme. – Oh je, aber du könntest doch … – Aber schau, das kann man doch auch so sehen … – Oh ja, das kenn ich auch. – Ja da hast du aber absolut recht. usw.

Kannst du dich bei deiner Reaktion auf dein eigenes Beispiel hier wiederfinden? Ich mich definitiv.

Liv Larsson beschreibt Sympathie folgendermaßen: „Wenn ich jemandem mit Sympathie begegne, stimme ich entweder ihren oder seinen Beurteilungen und Analysen zu, er oder sie tut mir leid oder aber ich vergleiche ihre oder seine Ausführungen mit meinen eigenen Erlebnissen.“ (Larsson 2012: 58)

Sympathie beinhaltet also eine Wertung oder einen Bezug zu mir: Was denke ich über die Urteile, die Handlungen, die Person? Was assoziiere ich damit? Welche Erfahrungen habe ich selbst dazu gemacht? Auch Mitleid gehört zur Sympathie: Ich leide unter dem Leid eines/einer anderen.

In manchen Definitionen außerhalb der GFK wird Empathie so verstanden, dass ich Schmerz bei anderen sehe und ebenfalls darunter leide. Das ist nicht die Definition, die uns die GFK bereitstellt. Mitzuleiden und selbst den Schmerz der anderen Person zu spüren wie den eigenen, ist das, was wir in der GFK „Mitleid“ nennen – und von Empathie oder Mitgefühl abgrenzen, die für mich synonym sind.

Ich möchte hier besonders auf das Beispiel Mitleid eingehen, weil ich der Überzeugung bin, dass wir, wenn wir mit Mitleid auf andere reagieren, selten dass erreichen, was wir uns wünschen. Ich möchte eigentlich helfen, wenn ich Mitleid habe. Ich möchte, dass das Leid weniger wird. Was aber passiert bei Mitleid?

  • Der Schmerz wird meist nicht gelindert, sondern vergrößert sich, da nun zwei Menschen darunter leiden. Bei Mitleid ist geteiltes Leid oft nicht halbes, sondern doppeltes Leid.
  • Mit Mitleid mache ich die andere Person zum Opfer. Ich impliziere womöglich, sie habe keine eigene Verantwortung für oder Macht über ihr Leben, was zu größerer Hilflosigkeit und Verzweiflung führen kann. „Du Arme, du hast wirklich so viel Pech…“
  • Zukünftig wird sich die Person mir vielleicht nicht mehr anvertrauen, da sie mich nicht „belasten“ oder „traurig machen“ will.
  • Möglicherweise fühlt sich das Gegenüber zusätzlich zu seinen anderen Gefühlen nun noch schuldig, weil es mir durch seine Geschichte nun ebenfalls schlecht geht. Vielleicht erlebt er sich sogar dazu gedrängt, jetzt mich zu trösten oder das Thema herunterzuspielen.

Sympathie und Mitleid stehen Empathie meist entgegen. Es ist eine völlig andere Haltung, in der ich mich dabei befinde. Denn wenn ich mir bereits eine Meinung zu der Person oder ihren Handlungen bilde und darüber urteile, etwas verändern möchte, helfen will, die Person führen möchte, ihr neue Wege aufzeigen, sie leiten, bin ich nicht mehr in der Empathie.

Empathie und Mitgefühl führen nicht zu mehr Leid, sondern zu Verbundenheit, Nähe und Fürsorge. Dank Empathie ist mir nicht egal, was mit anderen passiert, und gleichzeitig leide ich nicht selbst unter dem Schmerz anderer Menschen. Ich kann den Schmerz wahrnehmen und auch nachempfinden, aber ich weiß zu jeder Zeit, dass es sich dabei nicht um meinen eigenen handelt.

Ich möchte hier kein neues Falsch und Richtig etablieren. Sympathie kann genau das sein, was sich die Person in dem Moment wünscht und was hilfreich ist. Mir ist, wie bei allen anderen Schritten auch, wichtig, dass wir lernen, Sympathie und Empathie zu unterscheiden, die Wirkung davon einschätzen und auf dieser Basis bewusst entscheiden können, was wir gerade geben möchten.

Was aber ist nun diese Empathie nach GFK?

Empathie ist tiefes Verständnis und Annahme

Als ich GFK gelernt und langsam auch die Haltung dieser Empathie angenommen habe, habe ich festgestellt, dass es Welten zwischen dem liegen, was ich zuvor empfunden habe und was Empathie bedeutet. Empathie fühlt sich unglaublich an. Sie möchte nichts verändern, sie nimmt an, was ist, und gibt wertfreien Raum für alles, was gehört werden möchte. Jemandem in der Haltung der Empathie zu begegnen, ist für mich ermächtigend, stärkend, verbindend und so wunderschön ruhig in mir.

Ich möchte nicht verändern, was da ist, sondern ich möchte stützen, Raum geben, fließen lassen – im Vertrauen, dass alles seinen Sinn hat, der Mensch seinen Weg finden wird und ich weder lenken noch „etwas tun“ muss.

Liv Larsson beschreibt, dass Empathie entsteht, „wenn wir uns nicht länger damit aufhalten, andere Menschen oder deren Handeln zu beurteilen, sondern wirklich mit offenem Herzen zuhören, was der andere fühlt und braucht. Wir konzentrieren uns auf das, was in der Person vorgeht, statt darüber nachzudenken, wie er oder sie ist oder sein sollte.“

Die GFK versteht unter Empathie Verständnis und Annahme. Ich sehe Schmerz bei anderen und leide nicht selbst, sondern verspüre Verbundenheit, Wärme, Zuwendung und Fürsorge. Empathie für eine Person zu empfinden, bedeutet also, ihre Handlungen, Gefühle, Gedanken, Bedürfnisse oder Worte nicht zu beurteilen – weder positiv noch negativ –, sondern sich darauf einzulassen, welche Gefühle die Person empfindet und verstehen zu wollen, welche Bedürfnisse dahinter stehen.

Empathie nach GFK bedeutet also, eine Person zu verstehen (vor allem mit Blick auf die Gefühle und Bedürfnisse) und nicht über die Person, ihre Gedanken, ihre Gefühle oder ihre Bedürfnisse zu urteilen.

Dabei entsteht oft ein Missverständnis, bei dem wir wiederum zwischen zwei wesentlichen Konzepten unterscheiden müssen:

Verwechslungsgefahr! Verstehen vs. einverstanden sein

Sympathie kann beinhalten, einverstanden zu sein, was bei Empathie nicht der Fall ist. Denn das Verstehen, das durch Empathie entsteht, ist unabhängig davon, ob man einverstanden ist mit dem Verhalten, den Gefühlen oder den Gedanken des Gegenübers oder nicht. So kann ich selbst mit Menschen, die morden, vergewaltigen, foltern und andere Gräueltaten begehen, Empathie empfinden, ohne ihre Taten auch nur im Ansatz gut zu heißen, okay zu finden oder einverstanden zu sein. Es besteht ein riesiger Unterschied zwischen diesen beiden Punkten.

Hier ein paar Beispiele zur Veranschaulichung:

Es geht also bei echter Empathie nach GFK nicht darum, die Handlungen anderer zu bestärken, zu bewerten oder gutzuheißen, sondern verstehen zu wollen, was dem zugrunde liegt: ihre Gefühle und ihre Bedürfnisse. Ziel ist es auch nicht, die Person oder ihre Sichtweise zu lenken, zu verändern oder zu formen. Allerdings entsteht durch Empathie unvermeidlich ein Raum, in Wandel in der Person entstehen kann, um neue (weniger tragische) Wege zu finden, für die eigenen Bedürfnisse zu sorgen.

Beim nächsten Mal

Im nächsten Blogartikel beschäftigen wir uns ausführlicher anhand von Beispielen damit, was Empathie ist und womit sie häufig verwechselt wird, damit wir ein noch besseres Gespür dafür kriegen, Empathie von Sympathie oder anderen Konzepten abzugrenzen.

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