Folge 20: Wertschätzung und Dankbarkeit authentisch ausdrücken

In der letzten Folge hast du bereits gelernt, wie du deine Gefühle und Bedürfnisse tiefer ergründen und vom bewertenden Lob in die Haltung von echter Wertschätzung kommen kannst. In dieser Folge mag ich dir zeigen, wie du Wertschätzung und Dankbarkeit auf tiefe, offene und transparente Weise auszudrücken kannst, wenn Menschen zu deinem Leben beigetragen haben.

Die drei Schritte benennen

Eine Möglichkeit, deine Wertschätzung auszudrücken ist, dich konkret an die Schritte zu halten: Wahrnehmung, Gefühl, Bedürfnis, Danke. Gerade zum Üben eignet sich diese Form besonders gut, oder wenn dein Gegenüber weiß, dass du gerade GFK lernst und vielleicht hin und wieder nicht in der gewohnten Art mit ihm reden wirst.
Das sieht dann so aus:

Wahrnehmung: In der Wahrnehmung schilderst du nur das, was genau dich gefreut hat. Es muss nicht alles drum herum geschildert werden, sondern genau dieser Teil der Handlung, den du wertschätzen magst.

Gefühl: Danach benennst du das Gefühl – bestenfalls ohne Formulierungen wie „Das macht mich“ oder „Deswegen bin ich“, denn dabei bist du nicht in der Eigenverantwortung. Versuche immer daran zu denken, dass diese Person der Auslöser für dein Gefühl ist und du das auch gerne wertschätzen magst, aber die Person nicht für deine Gefühle verantwortlich ist. Das, was die Ursache für die Gefühle ist, sind erfüllte Bedürfnisse, zu denen der oder die andere gerade beigetragen hat.

Bedürfnis: Du kannst die Bedürfnisse umgangssprachlich benennen, wie zum Bespiel „Das unterstützt mich total“ (Unterstützung) oder „Das macht es mir so viel leichter.“ (Leichtigkeit) oder du sagst konkret, um welche Bedürfnisse es dir dabei geht: „Das erfüllt mir Wertschätzung!“ oder „Das bedeutet für mich Geborgenheit.“

Danke: Um Dankbarkeit auszudrücken, kannst du am Ende noch ein „Vielen Dank“ oder ein „Ich danke dir.“ hinzufügen.

So könnte ich dem Mann, der mich an der Kasse vorgelassen hat, sagen:
„Sie haben mich gerade lächelnd vorgelassen (Wahrnehmung). Ich freue mich total (Gefühl), weil sich dadurch für mich Achtsamkeit und Unterstützung erfüllen (Bedürfnisse). Vielen Dank!“

Einige andere Beispiele:

  • Du hast mir vorhin einen Tee und eine Wärmflasche gebracht, als es mir nicht gut ging. Ich bin jetzt noch berührt davon und merke, wie mir ganz warm wird. Das erfüllt mir total viel Unterstützung und Geborgenheit! Ich bin dir dafür wirklich sehr dankbar! 
  • Gestern im Teammeeting haben Sie vor allen anderen gesagt, dass meine Arbeit wertvoll ist. Das hat mich riesig gefreut und motiviert, weil das für mich Wertschätzung und Anerkennung bedeutet. Danke.“
  • Du hast mich gerade angesprochen und gefragt, wie es mir geht. Ich merke, wie berührt ich davon bin, weil ich gerade wirklich einsam war und das für mich heißt, wirklich gesehen zu werden und wichtig zu sein. Also vielen Dank dafür!

Es kann sein, dass die ungewohnte Formulierung bei manchen auf Widerstand stößt, daher mag ich dir noch eine zweite Art zeigen, wie du auf anderem Wege deine Wertschätzung ausdrücken kannst:

Haltung statt Formulierung

Beim Ausdruck von Wertschätzung ist es wie mit allem in der GFK: es kommt nicht unbedingt auf die Worte an. Natürlich kannst du die drei Schritte durchgehen und erst sagen, was die Person getan hat, dann was für Gefühle das auslöst und dann, welche Bedürfnisse diesen Gefühlen zugrunde liegen. Allerdings ist das nicht unbedingt notwendig, um deine Wertschätzung auf GFK-Art rüberzubringen.

Denn: Es geht wie immer um die Haltung. Wenn du wirklich spürst, was die Person zu deinem Leben beigetragen hat, dann kannst du es äußern, wie du das möchtest, und es wird wahrscheinlich ankommen. Du brauchst vor allem in DIR die Klarheit, was in dir gerade lebendig ist, aber du musst nicht alles davon kommunizieren. Deshalb sind die drei Schritte im Stillen auf jeden Fall sinnvoll, um dir selbst klarer zu werden. Was du jedoch äußerst, kann ganz anders aussehen.

Im Falle des Mannes an der Kasse kann ich ihm auch in der tiefen Verbundenheit mit meinen Bedürfnissen in die Augen blicken, strahlen und sagen: „Wow, vielen Dank! Das freut mich gerade so riesig, dass Sie mich da gesehen haben und mir anbieten vorzugehen.“

Es kommt also auch hier wieder auf dein Inneres an, nicht so sehr auf den Wortlaut. Genauso kannst du umgekehrt die drei Schritte manipulativ „abhandeln“, um jemanden für „gutes Verhalten“ zu belohnen, ohne es wirklich zu fühlen. Das hätte dann für mich nichts mehr mit GFK oder mit echter Wertschätzung zu tun, sondern wäre reines Anwenden der Technik. Daher gilt auch hier: Haltung und die eigene innere Klarheit sind entscheidend, nicht die Worte, die ich verwende – aber wenn du meine Blogs schon kennst, weißt du das vermutlich längst.

Tipps beim Äußern von Wertschätzung

Auch wenn das Entscheidende die Haltung ist, mag ich dir ein paar Ideen mitgeben, wie es wahrscheinlicher wird, dass deine Wertschätzung bei anderen ankommt. Denk bitte daran, dass das – wie bei den letzten Blogartikeln mit den Tipps auch – keine grundsätzliche Anleitung ist, die man „richtig befolgen soll“ oder dass es dabei ein „Richtig“ und „Falsch“ gäbe, sondern dass das alles Vorschläge sind, die du ausprobieren und für dich in dein Repertoire an Möglichkeiten mit aufnehmen kannst, wenn sie für dich stimmig sind.

1. Vorbereitung: Fragen, ob die Person es hören mag

Diesen Tipp habe ich dir bereits bei den Bitten gegeben und ich wiederhole ihn hier noch einmal, weil er mir wirklich wichtig ist: Fragen, ob die andere Person dafür gerade bereit ist.

Gerade wenn es um Wertschätzung geht, wird das vermutlich leichter sein, als wenn es um einen Konflikt geht, und dennoch glaube ich, dass Menschen oft leichter hören können, wenn sie sich darauf einstellen können, was auf sie zukommt.

Das kann so aussehen:

  • Ich mag dir gerade eine Rückmeldung zu unserem Gespräch gestern geben, magst du sie hören?
  • Ich mag mich für was bedanken und wünsche mir, dass es wirklich ankommt. Hast du denn gerade den Raum dafür, mir da kurz zuzuhören?
  • Ich mag dir gerade mal was sagen, was ich an dir echt schätze. Magst du dich kurz zu mir setzen?

2. Klar Bezug nehmen: Wahrnehmung schildern

Was ich sehr empfehlen kann, sofern es sich schon ganz offensichtlich ist, ist die konkrete Handlung zu benennen, auf die man sich bezieht. Welche Aspekte haben denn Dankbarkeit in mir ausgelöst? Was konkret ist es, was mich so freut?

Im Beispiel mit dem Mann an der Kasse ist es vielleicht so offensichtlich, dass ich nicht dazusagen brauche. Andererseits kann ich es auch da hinzufügen, da es mir ja nicht nur um das Vorlassen ging, sondern auch um das Lächeln. Wenn ich das besonders hervorheben möchte, kann ich auch darauf klar Bezug nehmen. Auch in vielen anderen Kontexten ist es hilfreich, präzise auf die speziellen Aspekte der Wahrnehmung einzugehen, die mich berührt haben. Desto genauer die Person weiß, WAS mich berührt hat, desto leichter fällt ihr – so meine These – das Freuen darüber und das Annehmen.

3. Kontext: Die Äußerung von Gefühlen und Bedürfnissen situativ anpassen

Je nachdem, in welchem Kontext ich mich befinde, würde ich stärker oder weniger stark auf die Gefühle eingehen und sie eher implizit oder mehr explizit benennen.

In engen Beziehungen würde ich zum Beispiel meistens das Gefühl deutlich machen, das in mir ausgelöst wurde, auch in der starken Intensität, zum Beispiel: „Ich spüre da total große Freude in mir aufflammen. Mir wird richtig warm im Bauchraum.“ – Ich kann also das Gefühl benennen oder auch beschreiben, was in meinem Körper passiert. Gerade Körperempfindungen direkt zu beschreiben, kann extrem starke Nähe schaffen, weil es dadurch noch nachvollziehbarer und greifbarer wird, nicht nur WAS, sondern auch WIE und WO ich das fühle.

Im Arbeitskontext hingegen würde ich vielleicht eher nur die Bedürfnisse ansprechen und einen weniger starken Fokus auf die Gefühle legen. Gefühle zu nennen wird in manchem Arbeitskontext noch immer als „zu nah“ oder „unprofessionell“ erlebt, daher  kann es hier besonders hilfreich sein, sich eher auf Bedürfnisse zu fokussieren.

Die Bedürfnisse selbst können dabei auch angepasst werden. In der Familie spreche ich vielleicht eher von „Liebe“ und „Miteinander“, während ich in der Arbeit eher von „Teamgeist“ oder „an einem Strang ziehen“ spreche. So kann das im Arbeitskontext vielleicht so aussehen: „Als der Kunde gerade die Frage nach den Hintergründen gestellt hat, hast du für mich geantwortet. Ich bin da echt erleichtert, das bedeutet für mich die Unterstützung, die ich mir in unserem Team wünsche. Vielen Dank dir!“

Üben, üben, üben

Ich lade dich ein, mal auszuprobieren, regelmäßig Situationen, in denen du dankbar warst, auf diese Weise nachzureflektieren und die erfüllten Bedürfnisse zu spüren. Und vielleicht magst du auch ausprobieren, in den drei Schritten oder auch einfach in Verbundenheit mit deinen Gefühlen und Bedürfnissen anderen deine Wertschätzung zu äußern.

Meine Erfahrung ist – und ich bin sehr sicher, dass es mindestens den meisten anderen Menschen genauso gehen wird – dass regelmäßige Wertschätzung einem selbst, dem Umfeld und den Beziehungen wahnsinnig gut tut.

Du kannst dir übrigens auch selbst Wertschätzung äußern – vielleicht, nachdem du es geschafft hast, jemand anderem Wertschätzung zu äußern? „Ich habe mich getraut, ihm da Danke zu sagen! Wow, ich bin richtig stolz, das ist für mich ein weiterer Schritt ins authentische Leben, in dem ich mich wirklich offen mit meinen Gefühlen zeigen mag! Ich danke mir!“

Lass mehr Freude und Liebe in dein Leben, indem du die Dinge feierst und wertschätzt, die du und andere bereits tun, um die Welt schöner zu machen.

Du weißt ja inzwischen vermutlich, wie du dir wünschst, dass Menschen miteinander umgehen. Und vermutlich machst du mit mehr Wertschätzung einen großen Schritt, um mehr für die Welt zu gehen, die du dir wünschst, oder? 🙂

Beim nächsten Mal …

Ab der nächsten Folge schauen wir uns nun die andere Seite der liegenden 8 an – die Seite des Gegenübers. Das heißt, wie kann ich einem anderen Menschen empathisch begegnen? Wie höre ich mit GFK-Haltung zu? Was ist denn eigentlich Empathie? Und viele weitere Fragen…

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