Fridays For Future – wirksamer sein durch Gewaltfreie Kommunikation! [2]

Dies ist der zweite Teil des Blogartikels. Wenn du den ersten noch nicht gelesen hast, klicke hier.

Wie kann dieser Kreislauf durchbrochen werden?

Ich habe schon mehrfach erlebt, wie auf dieselbe Art dieser Kreislauf durchbrochen werden und wieder ein Miteinander entstehen kann, in dem Menschen offen für Argumente und meine Meinung sind. Ein Erlebnis dazu möchte ich dir hier erzählen, um zu verdeutlichen, was wirklich hilfreich sein kann:

Nachdem ich Argumente ähnlich wie die des Facebookposts bekommen hatte, stand ich vor einer Entscheidung: VERURTEILEN oder VERSTEHEN?
Ich habe innerlich mit mir gekämpft – es wäre so leicht gewesen, mich für meine Urteile zu entscheiden! Aber ich wusste, dass ich damit nichts erreichen würde, außer noch mehr Wut, Frust und Gegeneinander. Also habe ich mich dann trotz meines Entsetzens und meiner Wut fürs VERSTEHEN entschieden.
(Atmen, ehe man reagiert, hilft dabei, solche Entscheidungen möglich zu machen. Mehr dazu hier: https://weltverbunden.de/2019/08/16/befreie-dich-von-alten-mustern-und-finde-deinen-weg/)

Also habe ich mich selbst dazu gebracht, meine Urteile beiseite zu lassen und stattdessen wirklich verstehen zu wollen, was in meinem Gegenüber vor sich geht.

Welche Ängste und Sorgen stecken hinter der Wut, welche Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit und Resignation in den unsachlichen Argumenten?

Ich wollte den Menschen nicht mehr überzeugen, sondern erst einmal seine Seite ansehen und nachvollziehen. Der Wunsch nach Verständnis war größer als der, die Meinung des Gegenübers zu ändern.

Durch ehrliches, interessiertes und neugieriges Nachfragen, durch das Wiedergeben der Argumente, Gedanken und Gefühle und durch empathisches Vermuten (Worum geht es der Person? Welche Gefühle und Bedürfnisse stecken dahinter?) habe ich eine Atmosphäre geschaffen, in der sich mein Gegenüber sicher und angenommen wusste.

Hier ein Beispiel:

„Ah, du sagst also, dass die Kinder erstmal was leisten sollen, ehe sie sich beschweren. Hm, hört sich für mich so an, als wärst du da ganz schön aufgebracht. Geht’s dir da drum, dass Menschen auch in ihrem Beitrag, den sie bereits geleitet haben, gesehen und wertgeschätzt werden?“
„Ja, diese Kids haben doch keine Ahnung! Nur große Reden schwingen, aber ändern tut das doch eh nichts!“
„Mh, ist da so ne Skepsis da, was das denn wirklich bringt? Und du wünschst dir, dass wirklich was verändert wird?“

Ich habe also dabei geholfen, dass die Person die eigenen Motive, Gefühle und Gedanken besser versteht – aber ohne zu analysieren (Analyse wäre so was wie: „Bei dir ist das so: Du bist eigentlich gar nicht dagegen, sondern …“). Ich habe versucht, mich in ihn hineinzuversetzen und gefragt, ob es so und so ist – mit der Offenheit dafür, dass es doch anders ist, und aufmerksam zugehört.

Bald spürte ich eine Weichheit beim Gegenüber und auch bei mir. Die Härte ließ nach, die Argumente wurden sanfter, relativer und differenzierter („Ist ja nicht jeder so …“, „Das war vielleicht übertrieben“ usw.). Es gab etwas, das ich „Selbsterkenntnis“ nennen würde: „Ja, ich glaube, es geht mir dabei tatsächlich um das Vertrauen, dass wirklich etwas verändert wird.“

Und da wird es doch interessant! Genau darum geht es doch den Menschen bei FFF auch, oder? Ganz oft haben wir dieselben Bedürfnisse wie unser scheinbarer „Feind“, nur ganz unterschiedliche Vorstellungen davon, wie wir sie erfüllen können.

Als ich merkte, dass mein Gegenüber gut gehört worden war, nahm ich selbst offen und ehrlich Stellung. Und mit ehrlich meine ich nicht, dass ich ihm meine Urteile um die Ohren gehauen habe. Sondern ich sagte, was für Gefühle bei mir aufkamen, wie es mir mit den Argumenten ging, wieso mir die Art, wie die Argumente geäußert wurden, das Verstehen so schwer machte und welche Dinge mir wichtig waren.

Ich stellte meine Seite dar, zeigte mich offen und verletzlich, indem ich meine Gefühle einbezog und nicht nur die Sachseite. Ich tat all dies in einer Offenheit und dem Wunsch nach Verbindung zu meinem Gegenüber und ohne Intention, Recht zu haben und dem anderen seine „Fehler“ aufzeigen zu wollen. Ich zeigte mich mit dem, was in mir war. Mein Wunsch bestand nur darin, gehört und verstanden zu werden und eine Atmosphäre zu schaffen, in der wir offen sprechen und uns sicher fühlen können. Schnell merkte ich, dass mir gar nicht mehr so wichtig war, dass wir einer Meinung waren. Dass wir einander verstehen wollten und wirklich zuhörten, das war mir wichtig.

Letztendlich habe ich damit innerhalb von einer halben Stunde Kontakt Folgendes bewirkt: Mein Gegenüber distanzierte sich von der vorherigen Meinung, stimmte mir und meiner Meinung zu, bedankte sich herzlich und lobte mich für meine Art, damit umzugehen. In ihm hatte sich der Wunsch aufgetan, mehr dazu beizutragen, die Umwelt zu schützen und mit mehr Bewusstsein die eigenen Entscheidungen zu treffen. Und er wollte mich von nun an unterstützen. – Cool, oder?

Auch bei mir hatte sich einiges getan: Ich verstand die andere Seite viel besser und konnte die Gefühle und Gedanken hinter dem sehen, was ich zuvor als „Hass und Unwissenheit“ wahrgenommen hatte. Ich erkannte ganz viele Parallelen zu meinen eigenen Gefühlen, nur dass wir eben unterschiedliche Schlussfolgerungen daraus gezogen hatten. Und ich hatte festgestellt, dass es uns um dieselben Bedürfnisse ging, für die wir einfach unterschiedliche Ausdrucksformen hatten.

Ich verstehe jetzt besser, wie solche Meinungen entstehen können und bin dadurch eher in der Lage, neue Ideen zu entwickeln, wie ich dem entgegenwirken und darauf eingehen kann. Außerdem spüre ich eine stärkere Verbindung zur anderen Person, fühle mich ihr näher und habe den Eindruck, dass wir einander jetzt wohl gesonnen sind.

Eine neue Art der Diskussion

Ich glaube, dass dies die wirkungsvollste Art ist, Menschen dazu zu bringen, uns wirklich zu hören und zu verstehen, die jetzt noch anderer Meinung sind. Und wenn sie uns wirklich hören und verstehen und wir sie wirklich hören und verstehen, sehen wir vielleicht ganz viele Parallelen. Dann können wir ihnen zeigen, welche anderen Schlussfolgerungen und Handlungsmöglichkeiten wir sehen und sie können in einer kooperativen Atmosphäre entspannt ihre Position verändern, wenn wir sie überzeugt haben.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir ein Miteinander brauchen, um wirklich etwas zu bewirken. Wenn wir wirklich eine Zukunft wollen, in der die Menschheit  aufeinander achtet, Rücksicht nimmt und friedlich zusammenlebt, müssen wir aus meiner Sicht damit anfangen, uns entsprechend zu verhalten. Wir müssen anfangen, unsere schärfsten KritikerInnen nicht mehr als Feinde zu betrachten, sondern in einen verständnisvollen, offenen Austausch gehen, in dem wir zunächst einmal versuchen, die andere Seite zu verstehen.

Verstehen heißt nicht, dass wir einverstanden sind mit der Meinung oder dem Handeln! Verstehen heißt, sich wirklich auf die Suche nach den guten Gründen dieser Personen zu machen und offen zu sein für deren Ansichten. Denn jeder Mensch handelt aus guten Gründen – ich mag die Handlung ablehnen und kann gleichzeitig die Gründe nachvollziehen.

Es gibt eine Sichtweise, in der es nicht mehr um Richtig und Falsch, Recht und Unrecht, Schuld und Scham geht, sondern in der Kooperation, Flexibilität und Miteinander im Fokus stehen.

Es gibt eine Haltung, in der es mir möglich wird, meine Urteile, meine Wut beiseite zu lassen und den anderen wirklich zu hören und zu verstehen – und damit den Raum zu öffnen, dass er auch mich hören und verstehen will. Eine Haltung, die ein Miteinander und ein Nebeneinander ermöglicht.

Es gibt eine Sprache, die dem anderen Lust auf Kooperation macht, da sie eine Atmosphäre schafft, in der sich alle sicher fühlen und gehört werden. Eine Sprache, die allen leichter macht, Argumente wirklich zu hören und sorglos ihre Position zu überdenken und vielleicht zu wechseln.

Diese Sichtweise, diese Haltung, diese Sprache lehrt die Gewaltfreie Kommunikation.

Ich lade dich ein, die Gewaltfreie Kommunikation zu erfahren und selbst zu erleben, wie viel Leichtigkeit, Frieden und gegenseitiges Verständnis dadurch zustande kommen können, auch wenn Menschen unterschiedlicher Meinung sind oder waren.

Wenn wir uns weiter aus Angst vor dem Verlieren gegenseitig mit Worten bekriegen, werden wir so viele Chancen verpassen, unsere Sichtweise zu erweitern, miteinander in Kontakt zu kommen und wirklich zu verstehen, dass wir dieselben Bedürfnisse haben. Wir werden die Chance verpassen, unsere Gemeinsamkeiten zu erkennen und an vereinenden Lösungen zu arbeiten. Wir werden die Chance verpassen, die Kraft, die momentan auf beiden Seiten in das Gegeneinander gesteckt wird, vereint für eine bessere, gemeinsame Zukunft zu nutzen! Solange wir so große Angst davor haben, uns aufeinander zuzubewegen, werden wir blind sein für all das, was die Menschheit in der Lage wäre, gemeinsam zu erreichen!

Ich entscheide mich gegen die Angst und für den Frieden. Ich möchte in meiner Sprache und meinem Umgang mit anderen, auch wenn sie nicht meiner Meinung sind, direkt damit anfangen, den Frieden zu leben, den ich mir in unser aller gemeinsamer Zukunft wünsche!

Wenn auch du diese Entscheidung triffst oder in bestimmten Bereichen deines Lebens mit dem Umgang zwischen dir und anderen Menschen nicht zufrieden bist, rate ich dir: beschäftige dich mit Gewaltfreier Kommunikation!

Mindestens erweiterst du deine Perspektive und kannst freier und bewusster entscheiden, wie du handeln, denken, fühlen und leben willst, weil du mehr Möglichkeiten hast, aus denen du jederzeit wählen kannst.

Wenn du Lust bekommen hast, dich mit GFK zu beschäftigen, dann kannst du hier mal bei unseren Onlineangeboten vorbeischauen:

https://www.gewaltfrei-fuenf-seen-land.de/GFK-Online-Lernen

Oder du stöberst hier noch weiter im Blog oder Podcast herum – es gibt auch eine komplette Einführung in die Gewaltfreie Kommunikation kostenlos als Blog oder Podcast auf dieser Homepage und von einem Kollegen von mir auf YouTube:

Hier findest du noch weitere Möglichkeiten, GFK zu lernen:

Wer eine friedliche Revolution unmöglich macht, macht eine gewaltsame unausweichlich.
John F. Kennedy